- Einer Bertelsmann-Studie zufolge müssen 120 000 zusätzliche Erzieher eingestellt werden, um hohe Qualitätsstandards zu erfüllen.
- Das würde den Bund fünf Milliarden Euro zusätzlich kosten - pro Jahr.
- Bei der frühkindlichen Bildung gibt es weiterhin ein starkes West-Ost-Gefälle.
Bertelsmann-Stifung fordert Bundes-Kita-Gesetz
Kitas in Deutschland fehlen 120 000 zusätzliche Erzieher, um eine hochwertige frühkindliche Bildung zu gewährleisten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der wirtschaftsliberalen Bertelsmann-Stiftung. Setzt man die von den Wissenschaftlern empfohlenen, ehrgeizigen Personalschlüssel an, würde das jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich kosten und die Personalaufwendungen in dem Bereich um mehr als ein Drittel (36 Prozent) erhöhen. (Was das für die einzelnen Bundesländer bedeuten würde, steht in dieser Grafik)
Die am Freitag veröffentlichte Analyse belegt außerdem ein starkes West-Ost-Gefälle beim Personalschlüssel. In den neuen Bundesländern ist eine Erzieherin/ein Erzieher für fast doppelt so viele Kinder zuständig wie in den alten. "Wir brauchen dringend einheitliche Qualitätsstandards, die in einem Bundes-Kita-Gesetz geregelt sind", fordert deshalb Jörg Dräger vom Stiftungsvorstand.
Bremen und Baden-Württemberg vorbildlich
Der Analyse zufolge muss sich eine Erzieherin/ein Erzieher in Ostdeutschland rechnerisch um 6,3 Krippenkinder unter drei Jahren kümmern. Im Westen kommen im Durchschnitt 3,8 Kinder auf eine Erzieherin/einen Erzieher. In Bremen und Baden-Württemberg ist eine Erzieherin/ein Erzieher durchschnittlich für drei Kinder zuständig. Die beiden Länder kommen damit dem propagierten Ideal-Schlüssel von 1:3 am nächsten. Am weitesten davon entfernt ist Sachsen-Anhalt, hier ist eine Betreuungskraft für mehr als sechs Kinder zuständig. (Alle Ergebnisse in dieser Grafik)
Ähnlich groß sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern auch in Kitas für Kinder ab drei Jahren. Hier liegt der Personalschlüssel im Westen bei 1:9,1 und im Osten bei 1:12,7. Vorzeigeländer sind erneut Bremen (1:7,7) und Baden-Württemberg (1:8). Am anderen Ende steht Mecklenburg-Vorpommern (1:14,9). (Alle Ergebnisse in dieser Grafik) Für diese Altersgruppe fordert die Bertelsmann Stiftung einen Personalschlüssel nicht schlechter als 1:7,5.
In der Praxis ist das Betreuungsverhältnis laut Studie sogar noch ungünstiger. Tatsächlich könne eine Erzieherin nur 75 Prozent ihrer Zeit für die Kinder aufwenden, der Rest entfalle auf Teamgespräche, Fortbildung und Urlaub. Damit betreue eine Erzieherin/ein Erzieher im Osten also mindestens acht und im Westen fünf Krippenkinder.
Versprechen und Wirklichkeit
Seit 1. August 2013 haben Eltern von unter Dreijährigen einen Rechtsanspruch auf ein staatlich gefördertes Betreuungsangebot - entweder in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter. Trotz Zuwächsen fehlten aber vor allem im Westen in den vergangenen Jahren noch Plätze.
Zum 1. März 2014 stand für knapp 662 000 Kinder unter drei Jahren ein Platz zur Verfügung. Das waren 32,5 Prozent der Kleinkinder in diesem Alter. Ursprünglich sollte es bis Inkrafttreten des Rechtsanspruchs 750 000 Betreuungsangebote geben.
"Politik und Praxis sollten sich auf bundesweite kindgerechte Standards einigen, damit alle Kita-Kinder in Deutschland gute Bildungschancen haben", sagte Dräger.