Viele Dozenten beklagen, dass die Studiengebühren bei den Studenten zu einem Mentalitätswandel geführt haben.
Stimmt: Sie zahlen, und dadurch erwarten sie offenkundig auch, dass geliefert wird. Bildung aber kann man nicht liefern. Das Wichtigste, das eigene Arbeiten und Forschen, kommt zu kurz. Dafür ist zu wenig Zeit. Und zu wenig Lust.
Übertreiben Sie nicht?
Ich habe ein Seminar gehalten, in dem beleuchtet wurde, wie die Klassiker heute im normalen Leben auftauchen. Also auch im Film. Ich spreche eine Wim-Wenders-Verfilmung an - und das Gemurmel geht los: Wenders? Wer ist das?
Oh. Ist es so schlimm? Das würde ja die Geisteswissenschaften in ihrer Existenz in Frage stellen.
So ist es ja auch. Die Kernfächer der Geisteswissenschaften - Germanistik, Anglistik - werden, befürchte ich, noch so lange in der Form bestehen, wie die Lehrerausbildung an der Uni stattfindet. Es werden sich Leute finden, die fragen: Muss ein Gymnasiallehrer das Nibelungenlied von Grund auf kennen? Kann man Lehrer nicht ausschließlich an Schulen ausbilden? Dann brauchen wir die Ältere Germanistik nicht mehr, die Anglistik auch nicht. Dann beschränken wir das auf 40 Leute an der Universität, die forschen und den kulturellen Hintergrund bewahren. Dann ist das Wissen darüber aber weg. "Bologna" hat das eingeleitet.
Wenn das so wäre, wenn das viele so empfinden würden: Dann müsste es doch viel mehr Protest dagegen geben.
Meiner Wahrnehmung nach klagen praktisch alle an der Uni. Die meisten aber sagen: Es ist sinnlos, dagegen vorzugehen, "Bologna" ist jetzt eingeführt und wird sich nicht zurückdrehen lassen.
Hört sich fatalistisch an.
Wäre die Reform, wären die Gebühren in den 1970er Jahren eingeführt worden, wäre die Uni lahmgelegt worden. Die Studenten heute sind lammfromm, die lassen sich das alles bieten. In einer Stadt wie Bayreuth sowieso. Da passiert gar nichts. Da müssen wir durch, heißt es.
Dann bleiben die Studiengebühren?
Glaube ich nicht. Das wird Bayern nicht mehr lange durchhalten, es ist ja eines der letzten Bundesländer mit Studiengebühren. Zu behaupten: In Bayern sind ja quasi alles Elite-Universitäten, deshalb gehen die Studenten da hin und nehmen die Gebühren in Kauf, das wird man nicht aufrechterhalten können.
Würden Sie noch mal den Beruf des Hochschullehrers ergreifen?
Unter den jetzigen Bedingungen: nein.