BA-Absolventen bleibt höherer Dienst verwehrt:Abfuhr in der Amtsstube

Den Abschluss in der Tasche direkt ins Arbeitsleben durchstarten. So stellen sich das viele Bachelor-Absolventen vor. Doch wer eine Beamtenlaufbahn im höheren Dienst anstrebt, muss vorher ein Master-Studium absolvieren. Der Bund will die umstrittene Regelung nun überprüfen - eine Reform ist aber eher unwahrscheinlich.

Andreas Maisch

Minister im Aufzug zu treffen, ist für Anja Kühne bereits zur Gewohnheit geworden. Obwohl die 23-Jährige noch keinen Hochschulabschluss besitzt, ist sie Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten. Parallel studiert sie den Bachelor-Studiengang Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Uni Konstanz. Abends, nach der Arbeit im Parlament und vielen Tassen Kaffee, setzt sie sich in die Bundestagsbibliothek und schreibt an ihrer Bachelor-Arbeit. Nach dem Abschluss in einigen Monaten würde sie gerne eine Beamtenlaufbahn antreten, im höheren Dienst.

Scharfe Kritik an Bachelor- und Masterabschluessen

Nach dem Bachelor ab ins Arbeitsleben? Absolventen, die eine Beamtenlaufbahn im höheren Dienst anstreben, müssen erst einen Master-Studium durchlaufen.

(Foto: dapd)

Klar, dachte sie sich lange - der sechssemestrige Bachelor, der durch die Bologna-Reform Einzug an deutschen Hochschulen gehalten hat, war ja schließlich als der neue Regelabschluss gedacht. Falsch gedacht, weiß Anja Kühne jetzt. Und ist verärgert.

Bisher dürfen nur Master-Absolventen in den höheren Dienst des Bundes. Die Regierung prüft zurzeit, auch den Bachelor ebenfalls als Voraussetzung anzuerkennen. Der höhere Dienst ist die höchste Laufbahngruppe bei Beamten, in der auch Leitungspositionen angesiedelt sind. Wechsel zwischen den Gruppen sind schwierig. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung tendiert man regierungsintern dazu, den Bachelor auch künftig nicht als Voraussetzung für die obere Laufbahngruppe anzuerkennen.

Zwang zum Master

Kühne dagegen fordert, den Zugang in den öffentlichen Dienst flexibler zu gestalten. "Man sollte auch mit einem Bachelor und besonderen Qualifikationen für den höheren Dienst zugelassen werden", sagt sie. Nach einem Bachelor wie ein Abiturient nur in den gehobenen Dienst einzusteigen, sei völlig unattraktiv.

Ein anderer Bachelor-Student, der anonym bleiben möchte, kritisiert: "Wenn der Bachelor im Zuge der Bologna-Reform zum Regelabschluss werden soll, muss der Staat selbst diesen Abschluss auch voll anerkennen." Dass der Staat den Absolventen nicht sein volles Vertrauen schenke, sei für die Anerkennung in der Wirtschaft das falsche Signal, beklagt der 26-Jährige, der an einer süddeutschen Hochschule Wirtschaftsrecht studiert. Nun ist er gezwungen, doch noch den Master anzuhängen. Vielen Absolventen des neuen Systems, die Beamte werden möchten, geht es so.

Ursprünglich war der Bachelor-Abschluss von Bildungspolitikern als ein berufsqualifizierender Abschluss gedacht gewesen, nur ein Bruchteil sollte noch den Master machen. Zwar gefällt Anja Kühne der abwechslungsreiche Job im Bundestag, doch langfristig möchte sie in einem Bundesministerium tätig sein - "für das große Ganze arbeiten", wie sie sagt. Besonders reizvoll findet sie es, an Gesetzesentwürfen mitzuwirken, die später für die ganze Gesellschaft gelten. Als Verwaltungswissenschaftlerin fühle sie sich sehr gut vorbereitet für den höheren Dienst. Einen Arbeitsaufenthalt an einer Deutschen Botschaft im Ausland kann sie schon vorweisen, an der Universität belegte sie zum Beispiel Kurse über öffentliches Recht.

"Das richtige Signal an Bachelor-Absolventen"

Bewerbungen von Bachelor-Absolventen zu akzeptieren, würde Bund und Länder nicht zwangsläufig mehr Geld kosten: Denn dadurch entstünden keine neuen Stellen im höheren Dienst, sie würden nur womöglich mit anderen Personen besetzt werden. Geld kosten könnte eine Reform aber, falls dadurch Master-Absolventen innerhalb des höheren Dienstes in eine höhere Stufe eingestuft werden.

Hans-Ulrich Benra, Bundeschef des Verbands der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden, kann verstehen, dass die Rechtslage Frust erzeugt. "Es gibt sicher überqualifizierte Bachelorabsolventen. Da kann sich in der Tat die Frage stellen, ob diese nicht im höheren Dienst arbeiten können." Würde man dies aber ändern wollen, müsse man das ganze Tarifsystem aufbrechen. Noch nehme seine Beamten-Gewerkschaft keinen Bedarf wahr, Bachelor in den höheren Dienst zu übernehmen.

Indessen plädiert das Bundesbildungsministerium intern für die volle Anerkennung des Bachelors. "Die weitere Öffnung im öffentlichen Dienst wäre das richtige Signal an die Bachelor-Absolventen, dass ein direkter Berufseinstieg eine gute Option ist", sagt ein Sprecher. Falls der Bachelor ein vollwertiger Abschluss sein solle, müsse man auch den Schritt gehen, dass dieser für den höheren Dienst befähigt. Verständlich, dass das Bildungsministerium, das maßgeblich in die Bologna-Reform involviert ist, den Bachelor ungern demontiert.

Der Bedarf nach mehr und besseren Verwaltungsangestellten ist da: Heute schon hat der Staat Probleme, etwa genug qualifizierte Ingenieure zu finden. Der Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, Rainer Wulle, rügt, dass immer weniger Ingenieure in den öffentlichen Dienst kommen: "Dadurch entsteht ein dauerhafter Mangel an technischer Kompetenz in der Verwaltung." Technischer Sachverstand sei jedoch unerlässlich, "gerade auf der Seite der öffentlichen Hand als Auftraggeber von Bauvorhaben aller Art."

Bei diesen Worten fühlt man sich an den Flughafen Berlin erinnert. Die Ingenieurkammer fordert, dass die Bedingungen für Jungingenieure im öffentlichen Dienst besser werden. Nötig sei etwa eine höhere Einstiegsbesoldung. Doch selbst Wulle geht es zu weit, den Bachelor für den höheren Dienst zuzulassen.

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