Auslandssemester:Wenn Papa zahlen kann

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Schwer zu finanzieren: ein Auslandssemester in London. (Foto: REUTERS)
  • Laut Hochschulbildungsreport gehen eher Studenten mit vermögenden Eltern ins Ausland. Wer aufs Geld schauen muss, bleibt lieber zu Hause.
  • Grundsätzlich sei aber bei allen Studenten das Portemonnaie das "größte Hindernis" bei der Mobilität.
  • 30 Prozent aller Studenten absolvierten zuletzt einen "studienbezogenen Auslandsaufenthalt".

Von Johann Osel, München

Für ein teures Pflaster wie London dürfte die Rechnung für das Auslandssemester noch konservativ sein: mindestens 600 Euro Miete im Monat, bis zu 300 Euro für die Flüge, dazu Essen und Trinken, Nahverkehr, mal ein Kinobesuch, Telefon, vielleicht das eine oder andere Utensil für die Küche - zwischen 8300 und 10 350 Euro muss ein Student für das halbe Jahr aufbringen, in Luxus schwelgen wird er dabei sicherlich nicht. Vergleicht man das mit dem Bafög-Höchstsatz, klafft da eine Finanzierungslücke von Tausenden Euro. So rechnen es die Autoren des "Hochschulbildungsreports" vor, den der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Beratungsfirma McKinsey erstellt haben.

Der Bericht, der an diesem Mittwoch erscheint und der Süddeutschen Zeitung in Auszügen vorliegt, befasst sich im Schwerpunkt mit Internationalisierung von Hochschulen. Dutzende Studien und Datensätze wurden dazu ausgewertet und kommentiert. Fazit bei den Auslandssemestern, flapsig formuliert: Wenn Papa zahlen kann, wenn Studenten halbwegs vermögend sind, dann zieht es sie viel häufiger für ein Semester in die Ferne. Wer aufs Geld schauen muss, bleibt lieber zu Hause.

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Gut eine halbe Million Studenten beziehen Bafög - der Anspruch darauf wird anhand der Einkommen ihrer Eltern errechnet. Bei Studenten aus sogenannten bildungsfernen Schichten geht gerade mal jeder Zehnte ins Ausland. Bei den Studenten, deren Eltern schon Akademiker sind und ein größerer finanzieller Rückhalt angenommen werden darf, ist es gut jeder Sechste.

Das Portemonnaie sei aber letztlich für die Studenten insgesamt das "größte Hindernis" bei der Mobilität, so die Autoren. Nicht nur 83 Prozent der Hochschüler ohne ein akademisches Elternhaus sorgen sich stark um die Kosten, sondern auch jeder Zweite aus der Gruppe, deren Eltern Uni-Abschlüsse haben. Und das dürfte eine der Hauptursachen sein, warum viele deutsche Hochschüler gar nicht daran denken, hinaus in die Welt zu ziehen.

Zielmarke: 50 Prozent

30 Prozent aller Studenten absolvierten zuletzt einen "studienbezogenen Auslandsaufenthalt". Damit gemeint sind nicht nur die klassischen Semester, sondern auch Sprachkurse oder Praktika in anderen Ländern. Die Bundesregierung wählt wohl aus gutem Grund diese Kategorie, denn der Anteil der Studenten mit Semester im Ausland stagniert bei unter 20 Prozent. Dabei mangelt es nicht an Motivation und Informationen, schreiben die Autoren des Reports. Als Zielmarke hat der Bund übrigens 50 Prozent vorgegeben - und zwar "mittelfristig", wie es etwas schwammig heißt.

Die Experten des Stifterverbands fordern von der Regierung eine "Auslandsgarantie" für alle Studenten - die Zusage also, dass Reisen nicht am Geldbeutel scheitern darf. Zum Beispiel durch mehr Flexibilität beim Bafög-Bezug während der Zeit im Ausland: So solle sich die Förderung an den tatsächlichen Kosten in verschiedenen Ländern orientieren und gegebenenfalls steigen. Stipendiengeber - wie das bekannte Erasmus-Programm der EU - müssten ihre Angebote mit Blick auf finanzschwache Studenten "überprüfen". Erasmus habe "weder die Möglichkeit noch den Anspruch, die Auslandsaufenthalte kostendeckend zu finanzieren". In dem Programm, von dem im Jahr etwa 35 000 deutsche Studenten profitieren, fließen meist 200 bis 300 Euro monatlich. Das hilft zum Beispiel bei der Budget-Lücke eines Semesters in London kaum weiter.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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