Arbeitsalltag:Uni-Absolventen sind enttäuscht vom Berufsleben

Studenten feiern Abschluss in Bonn

Alles super? Absolventen der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn feiern ihren Abschluss.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Während des Studiums sind laut einer Studie etwa drei Viertel der jungen Menschen zuversichtlich, was die eigenen Karriereaussichten angeht.
  • Nach dem Berufseinstieg beurteilen die Uni-Absolventen die Lage allerdings weit weniger positiv.
  • Im Job ist den Befragten eine "gute Balance" zwischen Beruf und Privatleben besonders wichtig.

Von Angelika Slavik

So ein Studentenleben hat viele angenehme Aspekte. Man lernt ständig neue Leute kennen. Man muss es mit dem Aufstehen morgens nicht immer ganz so genau nehmen. Es gibt eine Menge vorlesungsfreie Zeit, um zu reisen und sich auszuprobieren. Im Gegenzug ist das Geld immer knapp und manchmal landet man auf einer Party, bei der Tortellini aus der Dose serviert werden. Wenn diese Zeit endet und junge Menschen nach dem Studium ins Berufsleben einsteigen, ist das ist den meisten Fällen also eine der größten Veränderungen ihres Lebens. Die Frage ist bloß - ist das eine angenehme oder eine weniger angenehme Erfahrung?

Nach dem Eintritt in den Job scheint sich bei einigen Menschen jedenfalls Ernüchterung einzustellen. Das legt eine Studie nahe, die das Meinungsforschungsinstitut Infas im Auftrag des Autozulieferers Continental durchgeführt hat. Demnach ist die große Mehrheit junger Leute, wenn es um ihre eigenen Karriereaussichten geht, während des Studiums noch optimistisch - 73 Prozent der befragten Studierenden äußern sich zuversichtlich oder sogar sehr zuversichtlich. Bei jenen, die schon im Berufsleben stehen, sinkt dieser Wert deutlich: Dann beurteilen nur noch 55 Prozent ihre Karriereaussichten positiv. Für die Studie wurden in Deutschland Studierende der sogenannten Mint-Fächer, also Naturwissenschaften, Technik, Mathematik oder Informatik, befragt - und Berufseinsteiger mit dem gleichen akademischen Hintergrund.

Interessant ist der Stimmungsabfall besonders in Verbindung mit der Frage, was sich junge Leute von Job und Arbeitgeber erhoffen. Der wichtigste Aspekt bei den Studierenden ist demnach die "gute Balance" zwischen Beruf und Privatleben: Zwei Drittel nennen das als zentrales Kriterium. Bei denen, die schon im Berufsleben stehen, ist der Wert mit 58 Prozent ein wenig niedriger, die Work-Life-Balance ist aber auch da das wichtigste Kriterium. Mit deutlichem Abstand folgt die Sicherheit des Arbeitsplatzes mit 40 Prozent in beiden befragten Gruppen, erst dann werden gute Bezahlung und inhaltliche Herausforderung bei der Arbeit genannt.

Der offenbar überschaubare Ehrgeiz mag gerade bei jungen Menschen überraschen - ist aber typisch für "Generation Z", die nun auf den Arbeitsmarkt drängt. Wissenschaftler charakterisieren mit diesem Begriff die Geburtenjahrgänge ab etwa 1995. Und diese Arbeitnehmer zeichnen sich durch vergleichsweise überschaubaren Ehrgeiz und geringe Ambitionen auf Führungsaufgaben aus. Der Wirtschaftswissenschaftler Christian Scholz, der an der Universität in Saarbrücken unter anderem zur "Generation Z" forscht, erklärte das mal mit dem Schicksal, das die "Generation Y" erlitten hat: Diese Menschen seien leistungsbereit und optimistisch gewesen, hätten in Kauf genommen, dass die Grenzen zwischen Arbeits- und Berufsleben verschwimmen - um schließlich feststellen zu müssen, dass die Unternehmen ihren Einsatz nicht immer angemessen belohnen. Die neue Generation junger Arbeitnehmer lege deshalb von Anfang an den Fokus stärker auf private Zufriedenheit.

Das zeigt sich auch, wenn man nach den Folgen der zunehmenden Digitalisierung für den Arbeitsalltag fragt. Demnach schätzen zwar viele Befragte die neuen technischen Möglichkeiten als Option, Privates und Berufliches leichter vereinbaren zu können. Gleichzeitig sehen aber 49 Prozent der Studierenden und 44 Prozent der Berufstätigen die ständige Erreichbarkeit negativ. Etwa ein Drittel bewertet die Entwicklung positiv, der Rest neutral. Ariane Reinhart, Personal-Vorstand bei Conti, sagt, Digitalisierung habe eben nicht nur eine technische, sondern eine "mindestens ebenso starke soziale Dimension". Das bedeute viel Verantwortung der Firmen für ihre Mitarbeiter - aber auch die "Fähigkeit zur Selbststeuerung" der Arbeitnehmer sei essenziell. Dazu gehöre auch die Fähigkeit, zu zusätzlichen Aufgaben einfach mal Nein zu sagen.

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