Süddeutsche Zeitung

Abi - und dann?:Zukunft auf den letzten Drücker

Die Schule ist geschafft, der Sommer da. Aber wie geht es im Herbst weiter? Studium, Ausbildung, Ausland - die Optionen für alle, die eigentlich viel zu spät dran sind.

Von Nadja Lissok

Normalerweise sollte die Wahl eines Studiums oder einer Ausbildung von langer Hand geplant sein. In einer perfekten Welt hat man als Schüler bereits Schnuppertage an der Uni besucht, ein Praktikum im Unternehmen gemacht, diverse Eignungstests durchlaufen und Pläne B bis D in der Hinterhand. Aber wer lebt schon in einer idealen Welt?

Doch auch für diejenigen, die bislang alle Fristen verschlafen oder nur Absagen bekommen haben, gibt es noch Hoffnung. Es gibt noch Möglichkeiten, in diesem Jahr ein Studium oder eine Ausbildung zu beginnen oder kurzfristig einen Auslandsaufenthalt zu organisieren. Wir zeigen, wo man online die passenden Informationen und Ansprechpartner findet.

Reststudienplätze finden

Die Studienplatzbörse des Hochschulkompass' und das private Portal Studieren.de sind die richtige Adresse, wenn man noch freie Studienplätze für das kommende Wintersemester 2016/17 sucht. Die Hochschulen melden dort sowohl ihre zulassungsfreien Studiengänge als auch ihre freien Reststudienplätze in zulassungsbeschränkten Fächern.

Aktuell wirbt Studieren.de mit etwa 25 000 freien Studienplätzen für das diesjährige Wintersemester. Die Zahl beruht allerdings auf einer Schätzung, weil es bei zulassungsfreien Studiengängen oft keine Begrenzung der Studierenden gibt. Jeder Studiengang ist online mit einer "Studienplatz-Chance" gekennzeichnet. Diese ergibt sich aus der Anzahl der freien Plätze, die die Hochschule dem Portal meldet, und den Zugangsvorausetzungen.

Zulassungsfrei geht immer

"Gibt es vonseiten der Hochschule keine besonderen Anforderungen wie den NC oder einen Eignungstest, liegt die Chance auf einen Reststudienplatz eigentlich bei 100 Prozent", sagt Karin Rödter von Studieren.de. In Dresden, Erfurt oder Gießen kann man sich beispielsweise ohne einen bestimmten Abiturschnitt sogar für Jura einschreiben. Tendenziell stünden die Chancen auf Restplätze in den ostdeutschen Bundesländern besser, so die Expertin. "Aber auch in Bayern gibt es zulassungsfreie Studiengänge an staatlichen Hochschulen."

Am besten erkundigen sich Studieninteressierte noch einmal direkt bei der Hochschule, wann und wo sie sich mit welchen Unterlagen einschreiben können. Das variiert von Uni zu Uni.

Was tun, wenn der Wunschstudiengang voll ist?

Den Spätzündern unter den Bewerbern empfiehlt Rödter sich einmal in Ruhe durch das Angebot der verbliebenen Studiengänge zu wühlen. Die Wahrscheinlichkeit, den idealen Studienplatz zu finden, ist je nach Fachbereich und Region ganz unterschiedlich.

Wenn es den Traumstudienplatz nicht mehr gibt, ist es ratsam, rechts und links zu schauen. Oft finden sich verwandte Studiengänge mit ähnlichen Inhalten, für die man sich erst einmal einschreiben kann. Passt das Fach dann doch nicht, kann man später noch wechseln und sich eventuell Prüfungen anrechnen lassen.

Hoffnung auf Medizin

Einige Studiengänge wie Medizin oder Pharmazie werden zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung vergeben. Diese haben eine eigene Studienplatzbörse für Restplätze, die nach dem Losverfahren vergeben werden. Für das sogenannte Clearingverfahren Ende August, müssen sich Interessierte noch einmal gesondert bewerben. Hier werden von einigen Hochschulen auch Restplätze für andere gefragte Fächer wie Psychologie oder Ingenieurwesen angeboten.

Die Chance auf einen späten Studienplatz für Medizin ist insgesamt leider ziemlich gering, da wenige Plätze auf sehr viele Bewerber kommen.

Obwohl die Bewerbungsrunden für eine Ausbildung in der Regel ein Jahr vorher starten, bleiben jedes Jahr viele hundert Stellen unbesetzt. Deshalb ist es möglich, auf Ausbildungsbörsen wie Azubiyo oder der Lehrstellenbörse der IHK kurzfristig noch freie Plätze zu finden. Allerdings sollten sich Interessierte vor der Bewerbung direkt beim Unternehmen informieren, ob die ausgeschriebene Stelle wirklich noch unbesetzt ist.

Die Arbeitsagentur ist ebenfalls bemüht, freie Stellen und Bewerber noch zusammenzubringen. So veranstaltet sie beispielsweise in Berlin zusammen mit der IHK eine Last-Minute-Börse, mit der Unternehmen sich und ihre Ausbildungsprogramme vorstellen. Dort können Bewerbungsunterlagen direkt dem zuständigen Personaler in die Hand gedrückt werden.

Bei der kurzfristigen Suche nach einer Ausbildung verhält es sich ganz ähnlich wie bei der verspäteten Studienplatzsuche: Wenn die Wunschausbildung schon vergeben ist, lohnt es sich, ähnliche Berufe genauer anzuschauen. Besonders kaufmännische Ausbildungen unterscheiden sich inhaltlich gar nicht so sehr, wie die unterschiedlichen Bezeichnungen es manchmal vermuten lassen.

Nach der Schule die Welt bereisen und sich engagieren - das wünschen sich viele Abiturienten. Eine Vielzahl von Veranstaltern bieten deshalb Volunteering an. Sie vermitteln freiwillige Helfer zum Beispiel an soziale oder ökologische Projekte. Für die vom Bund geförderten Programme Weltwärts und Kulturweit gibt es in der Regel keine kurzfristigen Plätze mehr, da man sich für die Teilnahme schon etwa ein Jahr im Voraus bewerben muss. Die Programme sind sehr gefragt und die Vorbereitungsseminare beginnen häufig schon Monate vorher.

Eine verlässliche Quelle für Informationen, auch für den kurzfristigen Auslandsaufenthalt, ist Rausvonzuhaus.de. Das Portal wird von Eurodesk und der IJAB (Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V.) betrieben und bietet einen Last-Minute-Markt für Spontane. Dort findet man Freiwilligendienste, Workcamps, Praktika und Entwicklungsdienste, die hauptsächlich in Europa stattfinden und quasi sofort losgehen. Viele der Programme werden von gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen finanziert, deshalb fallen für die Teilnehmer meist nur die Anreisekosten an.

Wer sich lieber innerhalb Deutschlands engagieren möchte, kann auf der Homepage des Bundes zum Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) die Restplätze für den Herbst 2016, sortiert nach Bundesländern, einsehen. Hier werden kurzfristig einige Stellen angeboten, die die ursprünglichen Bewerber nun doch nicht antreten wollen. Ist man nicht an eine bestimmte Stadt gebunden, kann man auch hier fündig werden.

Freie Wahl bei kommerziellen Veranstaltern

Bei kommerziellen Anbietern wie StepIn oder ProjectsAbroad kann man sehr kurzfristig noch Plätze in gemeinnützigen Projekten bekommen. Der Vorteil dieser Veranstalter liegt auf der Hand: Interessierte haben die freie Auswahl, wo es hingehen soll. Von Costa Rica über Südafrika bis nach Neuseeland haben die Anbieter jeden klassischen Backpacker-Traum in ihrem Repertoire. So lässt sich der Freiwilligendienst sehr gut mit einer Reise verbinden. Allerdings bezahlt man für die Teilnahme am Programm. Inklusive Unterkunft und Verpflegung kann ein Monat "Gutes tun" den Teilnehmer zwei- bis dreitausend Euro kosten.

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