Pisa 2015:Was Sie über die Pisa-Studie wissen müssen

Pisa-Studie

Mehr als eine halbe Million 15-Jährige weltweit hat an Pisa 2015 teilgenommen.

(Foto: dpa)

Wer und was wird getestet und welche Kritikpunkte gibt es an der Erhebung? Antworten auf die wichtigsten Fragen zu Pisa 2015.

Von Matthias Kohlmaier

Wer wurde getestet?

Im Rahmen der Pisa-Studie 2015 ("Programme for International Student Assessment") wurden wie bei den Vorgänger-Studien nicht Schüler einer bestimmten Klassenstufe getestet, sondern eines bestimmten Alters. Es nahmen weltweit mehr als eine halbe Million 15-Jährige aus 72 Ländern und Regionen teil, darunter etwa 10 000 aus Deutschland. Teilnehmende Schulen wurden zufällig ausgewählt, ebenso die teilnehmenden Schüler. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sollen die Ergebnisse von Pisa 2015 repräsentativ sein für insgesamt 29 Millionen 15-Jährige aus den untersuchten Ländern und Regionen.

Was wurde getestet und wie lief der Test ab?

Seit der ersten Studie im Jahr 2000 stehen drei Bereiche im Fokus von Pisa: Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften. Bei den im Drei-Jahres-Rhythmus stattfindenden Erhebungen steht immer eines der Themengebiete im Zentrum. Bei der neuen Studie lag der Schwerpunkt auf den Naturwissenschaften. Der Großteil der Testaufgaben stammte daher aus den Bereichen Physik, Chemie, Biologie und Geowissenschaften, ein kleinerer Teil aus den Bereichen Lesen und Mathe.

Zusätzlich haben die Schüler Fragen zu ihrem persönlichen Hintergrund, ihren Schulen, ihrem Wohlbefinden und ihrer Motivation beantwortet. Auch mehrere Zehntausend Eltern, Schulleiter und Lehrkräfte wurden in die Studie mit einbezogen und beantworteten Fragen zum Bildungshintergrund ihrer Familien und Einrichtungen. Durch die über den reinen Wissenstest hinausgehenden Befragungen will die OECD Daten sammeln, um die Pisa-Ergebnisse besser interpretieren zu können.

In dem zweistündigen Test sollten Schüler ihr Wissen nicht nur reproduzieren, sondern kreativ auf unbekannte Probleme anwenden. Dafür wurde jedem Schüler eine zufällige Auswahl aus dem gesamten Fragenkatalog präsentiert, der pro Bereich zwischen 81 (Mathematik) und 184 (Naturwissenschaften) Fragen umfasste. Die Aufgaben waren immer in die Unterrichtssprache des jeweiligen Landes übersetzt, um möglichst Chancengleichheit zu schaffen. Durchgeführt wurde die aktuelle Studie im April und Mai 2015.

Gibt es Neuerungen bei Pisa 2015?

Erstmals wurden bei Pisa 2015 soziale Fähigkeiten der Schüler getestet, und zwar in den Themenbereichen Gemeinschaftliche Problemlösung und Finanzielle Alphabetisierung. Die Ergebnisse dieser Teilstudie werden aber erst im Jahr 2017 veröffentlicht.

Auch haben die Schüler zum ersten Mal die Testaufgaben nicht auf Papier, sondern am Computer bearbeitet. "Durch das neue Verfahren wird der Test authentischer und dynamischer. Wir wollen Kompetenzbereiche erfassen, die man nur sehr schwer mit handschriftlichen Verfahren erreichen kann", sagte Andreas Schleicher, Chef der OECD-Direktion Bildung und Kompetenz in Paris. Aus technischen Gründen konnten die Aufgaben jedoch nur in 58 der 73 teilnehmenden Länder und Regionen digital gestellt werden.

Wie haben sich die Ergebnisse Deutschlands seit dem sogenannten "Pisa-Schock" entwickelt?

Deutschland sei "auf dem Weg in die Pisa-Spitzengruppe", schrieb das Bundesbildungsministerium nach Pisa 2012. Nach den schwachen Ergebnissen von 2000 habe man etwa bundesweite Bildungsstandards eingeführt und die Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund verstärkt.

Tatsächlich haben sich die 15-jährigen Schüler hierzulande im Verlauf der Pisa-Studien deutlich verbessert. In Mathematik wie auch Lesen und Naturwissenschaften steigerten sie sich in allen vier Pisa-Studien seit 2000. Woran das exakt liegt, ist kaum seriös zu beantworten. In den Zeitraum fallen etwa der umfangreiche Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland wie auch die Implementierung und teilweise Rückabwicklung des achtjährigen Gymnasiums in einigen Bundesländern

Das kritisieren Forscher an Pisa

Welche sind die wesentlichen Kritikpunkte an der Pisa-Studie?

Schon seit der ersten Studie setzen sich Bildungsforscher auch kritisch mit Pisa auseinander. Eine Auswahl häufig genannter Kritikpunkte:

  • Pisa konzentriert sich auf die schulischen Kernbereiche Mathematik, Lesekompetenz und Naturwissenschaften. Damit ignoriert die Studie die Gesellschaftswissenschaften, Fremdsprachen und musisch-künstlerischen Fächer fast vollkommen.
  • Pisa nimmt keine Rücksicht auf die Lehrpläne in den teilnehmenden Ländern und Regionen. So haben Schüler des einen Landes ein bestimmtes Themengebiet, das ihnen bei der Lösung der Matheaufgaben hilft, womöglich bereits im Unterricht bearbeitet, während eben jenes Thema in einem anderen Land erst später behandelt wird.
  • Pisa testet keine Klassen-, sondern eine Altersstufe. Welche Jahrgangsstufe die 15-Jährigen besuchen, ist dabei irrelevant. So kann es zum Beispiel passieren, dass an derselben Schule ein früh eingeschulter Zehntklässler mit einem Schüler verglichen wird, der zwar auch 15 Jahre alt, einer Klassenwiederholung wegen aber erst in Jahrgangsstufe acht ist.
  • In vielen Teilnehmerländern besucht ein erheblicher Teil der 15-Jährigen bereits keine Schule mehr. Diese Jugendlichen fallen damit als mögliche Probanden aus, was die Ergebnisse verfälscht.
  • In vielen Ländern sind die Schüler nicht an das verwendete Multiple-Choice-Format gewöhnt, in anderen dagegen schon. Darüber hinaus kann man bei dieser Aufgabenart die richtige Lösung erraten, was den tatsächlichen Wissenstand von Testpersonen verschleiern kann.
  • Als Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist der OECD daran gelegen, Fähigkeiten zu testen, die wichtig für den erfolgreichen Weg in den Arbeitsmarkt sind. Um eine thematisch umfassende Bildung geht es der Organisation nur bedingt.
  • Da die Fragen in Pisa 2015 erstmals am Computer behandelt wurden, sind die Ergebnisse nicht ohne Weiteres mit den Vorstudien vergleichbar. Da der Test in manchen Teilnehmerländern auch diesmal auf Papier gemacht werden musste, ist der Vergleich zwischen vielen Ländern nicht möglich.
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