Bürgermeisterwahl in Zwiesel:Sportfunktionär setzt sich gegen Gloria Gray durch

Bürgermeisterwahl in Zwiesel: Konnte sich gegen seine prominente Konkurrentin Gloria Gray durchsetzen: Karl-Heinz Eppinger hat die Stichwahl um das Bürgermeisteramt von Zwiesel für sich entschieden.

Konnte sich gegen seine prominente Konkurrentin Gloria Gray durchsetzen: Karl-Heinz Eppinger hat die Stichwahl um das Bürgermeisteramt von Zwiesel für sich entschieden.

(Foto: SPD Zwiesel)

Die parteilose Künstlerin verliert die Wahl ums Zwieseler Rathaus gegen den SPD-Mann Karl-Heinz Eppinger. Der will nach dem Skandal um seinen Vorgänger erst einmal die Verwaltung "stabilisieren".

Von Maximilian Gerl, Zwiesel

Eine Stichwahl ist ein bisschen wie ein Elfmeterschießen im Fußball. Die vorherigen 90 Minuten plus Verlängerung gelten nichts mehr, auch nicht Favoritenrolle oder Chancenplus; stattdessen haben plötzlich beide Seiten ähnlich gute Aussichten auf den Sieg. Auf "fifty-fifty" beziffert denn auch Karl-Heinz Eppinger am Montag die Wahrscheinlichkeiten, mit denen er tags zuvor ins entscheidende Rennen ums Bürgermeisteramt gegangen ist. Im Gespräch mit den Bürgern höre man ja vorher immer viel. Aber wo die letztlich ihr Kreuzchen machten, "das weiß man nicht".

Doch seit Sonntagabend weiß Eppinger: Das Kreuz wurde ein paar Mal mehr bei ihm gesetzt. Er wird neuer Rathauschef der Stadt Zwiesel. Mit 53,97 Prozent der Stimmen konnte sich der SPD-Kandidat gegen die Künstlerin Gloria Gray durchsetzen, sie kam auf 46,03 Prozent. Die Stichwahl war also nah dran an der erwarteten 50-50-Entscheidung, weshalb Eppinger am Telefon erst gar nicht versucht, seine Erleichterung zu verbergen. Die vergangenen Monate seien "intensiv" gewesen, sagt er. Umso mehr freue er sich, dass ihn so viele Menschen unterstützt hätten.

Tatsächlich war nicht ausgemacht, dass Eppinger Bürgermeister werden würde; dass der 50-jährige Betriebswirt, angestellt bei der AOK, gewinnen würde gegen die bekannte Entertainerin, deren Bewerbung sogar die Presse in Hamburg und Berlin neugierig werden ließ. Gloria Gehring, wie Gray eigentlich heißt, wurde vor 56 Jahren in Zwiesel als Bub geboren. Später entfloh sie den Kleinstadt-Zwängen nach München und machte auf der Bühne und im Fernsehen Karriere. Längst aber ist Gray zurück im Bayerischen Wald, seit 2020 sitzt sie sogar im Kreistag. Bei der Bürgermeisterwahl Ende November holte sie im ersten Durchgang mit gut 32 Prozent das beste Ergebnis, als Parteilose. Auf Plakate als klassisches Kommunalwahlinstrument verzichtete Gray. Sie wolle Aufbruchstimmung verbreiten, sagte sie mal in einem Interview, die Stadt beleben.

Zupass kam Eppinger da vielleicht, dass er in Zwiesel schon auch ein bisschen bekannt war. Von 2003 bis 2014 saß er im Stadtrat. Als früherer Kader-Skilangläufer ist er zudem seit gut 20 Jahren als Funktionär im deutschen und im internationalen Skiverband aktiv, wobei er nach eigenen Angaben regionale Wettkämpfe und Weltcups organisiert hat. Was man im Spitzensport lernen könne fürs Bürgermeisteramt? "Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit", sagt Eppinger.

Beides kann man in Zwiesel und seinem skandalgeschüttelten Rathaus vielleicht noch mehr als anderswo gebrauchen. Die Geschäfte führen derzeit die zweite Bürgermeisterin und der dritter Bürgermeister; der eigentliche Chef Franz-Xaver Steininger wurde 2021 vorläufig vom Dienst suspendiert, aufgrund einer Anklage wegen Vorteilsannahme. Eppinger will deshalb, wenn er im Februar als neuer Bürgermeister anfängt, die Verwaltung "stabilisieren" - sowie mehr Wohnraum schaffen, die Fragezeichen rund ums neue Klärwerk klären, die Innenstadt beleben. Auch ein, zwei zusätzliche Veranstaltungen in der Stadt schwebten ihm vor, sagt er, ein "Bierfestival" oder ein Fest zusammen mit den Vereinen. Dafür wäre Unterstützung durch die öffentlichkeitserfahrene Konkurrentin sicher praktisch. "Ich habe am Sonntagabend mit ihr gesprochen und gesagt, ich melde mich."

Und Gray? Die reagierte am Sonntagabend gefasst auf die Niederlage. "Ich hätte schon gerne gewonnen", sagte sie zur Passauer Neuen Presse. "Aber es ist, wie es ist." Für sie sei das Erreichte trotzdem ein riesiger Erfolg. Ähnlich hatte sie sich zwei Wochen zuvor in der SZ geäußert, nach dem ersten Wahldurchgang: Allein schon, dass sich niemand aufgeregt habe, dass eine Transgender-Frau das beste Ergebnis erzielt habe, sei ein Grund zum Feiern. Am Montag ist sie zunächst telefonisch nicht erreichbar, dafür taucht auf ihrer Facebookseite ein neues Bild auf, den Kopf umfasst ein bunter Strang aus Regenbogenfarben. "Danke", schreibt Gray - versehen unter anderem mit einem Herz.

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Zweimal hat sie es versucht, nun könnte sie kurz vor dem Ziel sein: Gloria Gray möchte im Bayerischen Wald Bürgermeisterin werden und wäre damit wohl die erste Frau mit Transgender-Geschichte in diesem Amt. Über einen Aufstieg und eine große Versöhnung.

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