Zukunft der US-Armee im Freistaat:General-Umbau in Franken

Am Donnerstag wird die US Army wohl mitteilen, wie viele Soldaten sie aus Bayern abzieht. Doch von panischen Reaktionen wegen abziehender Kaufkraft ist in den Städten nichts zu spüren. Denn für manche Kommunen könnte ein Abzug der Amerikaner eine große Chance sein.

Katja Auer und Olaf Przybilla

Hansjörg Meyer wird am Kasernenzaun stehen im Ansbacher Stadtteil Katterbach; friedlich, aber bestimmt will der ehemalige Pfarrer sein Anliegen vortragen. An diesem Donnerstag treffen auf dem US-Militärgelände drei Oberbürgermeister aus Franken auf einen US-General, der sie offenbar eingeladen hat, um sie über die Zukunft der US-Streitkräfte in ihren drei Städten zu informieren.

Die US-Armee verlegt ihre 1. Infanteriedivision in den Irak

Jahrzehntelang haben die US-Soldaten Bamberg, Würzburg, Schweinfurt und andere Städte geprägt - sie joggen durch die Stadt, bevölkern die Kneipen und bringen Geld in den Wirtschaftskreislauf. 

(Foto: picture-alliance / dpa)

Es geht um viel bei diesem Treffen, um mehr als 10.000 amerikanische Soldaten in Mittel-, Ober- und Unterfranken: 3000 in Ansbach, 3500 in Bamberg, insgesamt 4000 in und um Schweinfurt.

Warum Generalleutnant Mark Hertling eingeladen hat, wissen die Rathauschefs nicht, auch am Tag zuvor nicht. Auch Hansjörg Meyer, der Pfarrer in Rente, weiß nur das, was durch die Kasernenzäune dringt, und für Meyer hört sich das alles andere als gut an: Offenbar sollen die Stützpunkte in Schweinfurt und Bamberg geschlossen werden, während in Ansbach, in Meyers Heimat, von einem Abzug nichts zu hören ist.

Meyer und seine Mitstreiter von der Initiative "Etz langt's" hätten sich das anders gewünscht: Denn in Ansbach und im nahen Illesheim sind US-Helikopter stationiert, insgesamt etwa 120. Für die Ansbacher wurde das zuletzt immer mehr zu einer schweren Belastungsprobe. Um elf Uhr in der Nacht, teils auch noch um Mitternacht, sagt Meyer, "stehen bei Anwohnern die Hubschrauber über dem Haus". Viele in Ansbach mache das regelrecht psychisch krank. Deshalb will Meyer am Kasernenzaun stehen und protestieren.

Während sich der ehemalige Pfarrer sorgt, dass sich nichts ändert, erwartet Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé eigentlich, dass sich etwas ändert. "Wir sind alle noch im Ungewissen", sagt er. Seit aber bekannt wurde, dass die Amerikaner die 172. Infanteriebrigade aus Grafenwöhr in der Oberpfalz abziehen wollen, muss er damit rechnen, dass die 4000 US-Soldaten, die in Schweinfurt stationiert sind und die zur selben Brigade gehören, ebenfalls abgezogen oder nach Grafenwöhr verlegt werden.

Aber abwarten, sagt Remelé: "In den letzten zehn Jahren haben wir immer wieder erlebt, dass schon ein Abzug bevorstand." Und dann sei Schweinfurt sogar verstärkt worden. Immerhin wurde gerade eine neue Highschool eröffnet.

Allerdings mehren sich die Anzeichen, dass die Standorte in Schweinfurt und Bamberg geschlossen werden. So hat es auch der Weidener Bundestagsabgeordnete Werner Schieder (SPD) von amerikanischer Seite vernommen. Denn der Truppenübungsplatz in Grafenwöhr solle auf jeden Fall erhalten werden - und dort könnten künftig die abgezogenen Truppen aus Franken stationiert werden.

Verglichen mit den nahezu panischen Reaktionen, die Kommunalpolitiker früher angesichts eines drohenden Truppenabzugs an den Tag legten, bleibt man heute bemerkenswert gelassen. Sollten die Amerikaner tatsächlich abziehen, "wäre die Stadt in der Lage, die Gelände sinnvoll zu nutzen", sagt etwa Remelé.

Mehr Chancen als Risiken

Drei große Liegenschaften haben die Amerikaner in Schweinfurt, die größte davon im Landkreis, zwei kleinere mit je 30 Hektar in der Stadt. Nur auf dem Land, wo viele Amerikaner mit ihren Familien wohnen, könnte es zu Leerständen kommen. Die Menschen zieht es zurück in die Stadt, die Häuser in den Dörfern dagegen sind derzeit schlecht zu vermieten.

Die 600 Zivilangestellten, die von der US-Armee beschäftigt werden, könnten auf dem Arbeitsmarkt untergebracht werden, glaubt Remelé. Ohnehin sei die Stadt wirtschaftlich nicht so stark abhängig von den Amerikanern. Denn seit den Anschlägen vom 11. September 2001 haben sich die Soldaten weitgehend autark gemacht, sie versorgen sich überwiegend in den Kasernen. Als Käufer spielen sie in Schweinfurt keine große Rolle - und auch nicht als Gäste in den Lokalen.

In Bamberg sind die amerikanischen Soldaten dagegen zahlreich anzutreffen. Am Morgen, wenn sie durch die Stadt joggen, und am Abend, wenn sie bestimmte Gaststätten bevölkern. Mit 34 Millionen Euro pro Jahr verstärken die Amerikaner die lokale Wirtschaft. Lieferanten, Dienstleister, Handwerker, sie alle profitieren von den 3500 Soldaten und ihren 4500 Familienangehörigen.

Trotzdem bieten sich gerade für Bamberg mehr Chancen als Risiken, sollte die Armee abziehen. In der Weltkulturerbe-Stadt fehlen Wohnungen, Studenten finden keine bezahlbare Bleibe, die Mietpreise steigen. "Wir leiden an chronischer Flächenknappheit", sagt Oberbürgermeister Andreas Starke.

Mit dem Areal der Armee, 450 Hektar groß, könnte die Stadt um fast zehn Prozent wachsen. 170 Häuser würden frei, 720 große Wohnungen und 80 Appartements. Dazu kämen noch einmal mehr als 1500 Wohneinheiten in den Mannschaftskasernen - dort könnten dann Studenten unterkommen.

Lange schon gibt es Pläne, was aus dem Gelände werden könnte. Zu viel will Starke nicht preisgeben, um die Flächen nicht "wertvoll zu reden". Wie auch immer es ausgeht in Bamberg: "Hoffentlich wird es keine Hängepartie", sagt er. Bleiben die Amerikaner, "bleibt ein liebgewonnener Freund". Gehen sie, "werden die Chancen für die Stadt überwiegen". Ein Teilabzug, bei dem wenige zurückbleiben, aber das Gelände blockieren, wäre die schlechteste Lösung für Bamberg.

Ansbachs Bürgermeister Hannes Hüttinger kennt die Hoffnungen der lärmgeplagten Bürger in Ansbach nur zu gut, er hat selbst bereits starke Sympathie für einen Truppenabzug erkennen lassen. Weil er damit viel Protest erntete - immerhin arbeiten 400 Zivilangestellte auf dem US-Areal in Ansbach -, ist er nun vorsichtig geworden.

Das aber will er doch betonen: Schon einmal wurde eine Kaserne in Ansbach aufgelöst, nun beherbergt dieses Areal eine Hochschule: "Die Konversion", sagt er, "hat in Ansbach für Impulse gesorgt" - ebenso wie bereits in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Würzburg. In Ansbach aber, davon gehen die meisten aus, dürfte eine Konversion demnächst nicht schon wieder notwendig werden.

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