Gletscher auf der Zugspitze:Da waren's nur noch vier

Lesezeit: 1 min

Grainau: Schnee liegt auf dem Gletscherrest auf dem Zugspitzplatt. Nach heißen Sommern hat der Südliche Schneeferner seinen Status als Gletscher verloren. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Der Südliche Schneeferner fließt nur noch in Form von Schmelzwasser. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften degradiert ihn deswegen vom Gletscher zum bloßen Toteis und schaltet die Geräte ab.

Glosse von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Dass eh alles fließt, soll angeblich schon Heraklit gesagt haben. Demnach wäre der Südliche Schneeferner wirklich nichts Besonderes. Aber dieser Südliche Schneeferner droben am Zugspitzplatt macht da gerade alles falsch. Er fließt nämlich einerseits ein wenig zu viel und andererseits viel zu wenig. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften hat ihm am Montag deswegen den Status als Gletscher aberkannt.

Warum das ausgerechnet die Bayerische Akademie der Wissenschaften entscheiden darf? Klar ist jedenfalls, dass das irgendwer festlegen muss und dass die fünf kleinen Gletscherlein, über die Deutschland bis neulich noch verfügt hat, allesamt in Bayern liegen. Außerdem hat die Akademie 2012 den ersten Bayerischen Gletscherbericht herausgegeben und 2021 den zweiten. Sie kennt sich also aus, was fast schon wieder schade ist, denn wenn sie mit ihren Berichten in diesem Turnus weitermacht, kann sie sich den dritten vermutlich sparen. Aber solange es in Bayern noch Gletscher gibt, hat sie das Sagen. Nun hat sie gesprochen, und da waren's nur noch vier: an der Zugspitze der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner und in den Berchtesgadener Alpen das Blaueis am Hochkalter und der Watzmanngletscher.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Dass die eigentlich auch alle nicht mehr sämtlichen fachlichen Anforderungen an einen Gletscher genügen, hat die Akademie schon voriges Jahr in ihrem zweiten Gletscherbericht eingeräumt. Ihr aktuelles Urteil über den Südlichen Schneeferner begründet sie mit neuen Messungen von Mitte September. Demnach ist sein Eis an den meisten Stellen nicht einmal mehr zwei Meter dick und selbst an der dicksten Stelle keine sechs. Vor vier Jahren waren es noch zehn, und die Fläche des Ferners hat sich seither auch auf einen knappen Hektar halbiert. Bloßes Schrumpfen ist aber nicht die Bewegung, die ein Gletscher zeigen sollte. Er sollte nämlich fließen, und das nicht als Schmelzwasser wie der Südliche Schneeferner.

Der bewegt sich ansonsten mangels Masse aber gar nicht mehr, was ihn definitionsgemäß zum bloßen Toteis macht. Deswegen schaltet die Akademie jetzt gleichsam die Geräte ab: Die erstmals 1892 vorgenommenen und seit Mitte des 20. Jahrhunderts regelmäßig wiederholten Vermessungen würden eingestellt. Zu messen wäre demnach in ein oder zwei Jahren sowieso nichts mehr.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBrenner-Basistunnel
:Wo "Limone" nur eine Frucht ist

Tief unter dem Brennerpass entsteht die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt. Während man im Landkreis Ebersberg noch um den Trassenverlauf zum Brenner streitet, sind die Arbeiten in Italien und Österreich bereits weit fortgeschritten. Ein Besuch auf der Mega-Baustelle.

Von Andreas Junkmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: