Zu wenig Justiz-Personal:Freigelassen wegen zu langer Verfahren

Winfried Bausback, 2013

Justizminister Bausback sagt, dass es 80 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte geben soll.

(Foto: Stephan Rumpf)

Es passierte in München, Nürnberg und Bamberg: Weil die Gerichtsverfahren zu lange dauerten, mussten seit 2001 41 mutmaßliche Straftäter freigelassen werden. Nun fordern Opposition und Bundesverfassungsgericht mehr Personal.

Von Mike Szymanski

Weil die bayerische Justiz zu langsam gearbeitet hat, mussten seit 2011 in 41 Fällen mutmaßliche Straftäter wieder freigelassen werden. Die Haftbefehle hatten wegen zu langer Verfahrensdauer aufgehoben werden müssen. Dies hat nun das Justizministerium auf Anfrage des SPD-Abgeordneten Franz Schindler einräumen müssen.

Der Rechtsexperte hatte einen Fall aus München zum Anlass genommen, genauer nachzufragen. Dort war im Sommer ein Mann wieder freigekommen, gegen den die Ermittler wegen des Verdachts der Vergewaltigung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung vorgegangen waren.

"Unsere Justiz kommt mit der Arbeit gar nicht mehr hinterher"

Er saß zu dem Zeitpunkt seit knapp einem Jahr in Untersuchungshaft und wartete darauf, vor Gericht zu kommen. Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts, das die bayerische Justiz rügte, eindeutig zu lange, zumal der Mann die Vorwürfe weitgehend eingeräumt hatte. Dem Beschuldigten dürfe nicht zugemutet werden, länger als angemessen in U-Haft zu sitzen, weil der Staat es versäume, seiner "Pflicht zur verfassungsgemäßen Ausstattung der Gerichte" nachzukommen.

Nun stellt sich heraus, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Zwar führt das Justizministerium keine spezielle Statistik, es fragte aber bei den Gerichten nach. Das Oberlandesgericht München meldete neun Fälle in seinem Bezirk, das OLG Nürnberg 25 und das OLG Bamberg sieben.

SPD fordert mehr Stellen für Richter und Staatsanwälte

"Unsere Justiz kommt mit der Arbeit gar nicht mehr hinterher", kritisierte SPD-Politiker Schindler. "Das kann nicht sein." Nach den deutlichen Worten des Bundesverfassungsgerichts könnten Staatsregierung und CSU-Fraktion die Forderung nach deutlich mehr Personal nicht mehr länger ignorieren. Justizminister Winfried Bausback (CSU) erklärte in seinem Schreiben an den Abgeordneten: "Die Staatsregierung nimmt die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts sehr ernst."

Im aktuellen Doppelhaushalt seien unter anderem 80 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte vorgesehen. In den kommenden beiden Jahren sollen noch einmal 75 dazukommen. Darüber werde gerade beraten. Der SPD genügt das nicht. Sie verlangt 100 neue Stellen für Richter sowie 50 neue Stellen für Staatsanwälte.

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