Zu Lasten der Gemeinde:Überstunden im Alleingang

Der Bürgermeister von Immenreuth steht wegen Untreue vor Gericht

Von Andreas Glas, Tirschenreuth

Vor dem Amtsgericht Tirschenreuth hat am Mittwoch der Prozess gegen Heinz Lorenz begonnen, den Bürgermeister der 1900-Einwohner-Gemeinde Immenreuth in der Oberpfalz. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den CSU-Politiker der Untreue in elf Fällen. Er soll der Gemeinde einen Schaden von rund 65 000 Euro beschert haben. Dass er in krimineller Absicht handelte, bestreitet der 44-Jährige am ersten Prozesstag. "Es ist so, dass ich vielleicht zu blauäugig war oder zu unerfahren", sagt Lorenz.

Die Vorwürfe reichen in die Zeit zurück, als er noch Kämmerer der Gemeinde war. Bis 2014 soll sich Lorenz über Jahre hinweg selbst Überstunden verbucht und ausbezahlt haben. Einige Zahlungen sind verjährt, vor Gericht geht es noch um gut 7400 Euro, die aus der Gemeindekasse auf sein Privatkonto flossen. Dem Richter versichert Lorenz, dass er die Überstunden tatsächlich geleistet habe. Er habe sehr viele Aufgaben erfüllen müssen, "die niemand in einer normalen Arbeitszeit schafft". Ob ihm die Auszahlung der Überstunden vom Gemeinderat genehmigt worden sei? Nein, sagt Lorenz, "ich habe mir gedacht, das passt, das ist in Ordnung". Schließlich habe die Gemeinde auch anderen Mitarbeitern Überstunden bezahlt.

Nachdem er 2014 zum Bürgermeister gewählt wurde, soll Lorenz veranlasst haben, dass eine Baufirma mit der Erschließung eines Baugebiets beginnt - obwohl das Gebiet noch gar nicht in Besitz der Gemeinde war. Knapp 54 700 Euro stellte die Firma der Gemeinde für den Stillstand auf der Baustelle in Rechnung. Ob er im Gemeinderat einen Beschluss für die Baufreigabe eingeholt habe, fragt der Richter. Nein, sagt Lorenz. Der Richter hakt nach: Müsse ein Bürgermeister nicht wissen, dass er "so große Geschichten nicht allein machen darf"? Er sei eben ein "sehr junger und sehr frischer Bürgermeister" gewesen und "in der Thematik noch nicht so drin", sagt Lorenz.

Was die Staatsanwaltschaft ihm noch vorwirft: Dass er Steuerschulden des Sportvereins aus der Gemeindekasse zahlte, gut 3000 Euro. Dass er das getan und innerhalb der Gemeinde verschleiert habe, "war ein absoluter Fehler", sagt Lorenz, der damals auch Vorsitzender des Sportvereins war. Seit Herbst 2017 ist er als Bürgermeister krankgeschrieben. Die Vorwürfe seien eine "unwahrscheinliche seelische Belastung" gewesen, sagt Lorenz. Der Prozess geht am Dienstag weiter. Es sind fünf Prozesstage angesetzt.

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