Yoga-Boom im Freistaat:Das Geschäft mit dem Wohlbefinden

Yoga boomt - auch im Freistaat. Weil vor allem gestresste Städter Entspannung suchen, ist aus dem Trend ein Massengeschäft geworden. Ein ziemlich lukratives.

Christa Eder

Yoga boomt und boomt. Immer mehr Menschen praktizieren die 5000 Jahre alte indische Wissenschaft von Körper, Geist und Seele - in allen Variationen und auf allen Kontinenten. Nach den USA, Australien und Europa rollt die Yoga-Welle nun weiter nach Asien und Afrika. In Wirtschaftszentren wie Moskau, Hongkong oder Peking schießen derzeit fast täglich neue Studios aus dem Boden, und selbst in den ärmsten Regionen der Welt wie Addis Abeba, Kabul oder den Slums von Nairobi absolvieren junge Leute inzwischen regelmäßig ihre Asanas, ihre Körperübungen.

Yoga Expo in München, 2011

Yoga boomt: Es gibt kaum noch eine Stadt in Bayern, in der nicht auch Asanas wie der dreibeinige Hund geübt werden.

(Foto: Robert Haas)

In Bayern hat sich der seit etwa zehn Jahren anhaltende Yogatrend zu einem respektablen Wirtschaftsfaktor entwickelt. Yoga ist ein Wachstumsmarkt, an dem viele Arbeitsplätze hängen. Statistiken gibt es dazu nicht, denn die Szene ist unübersichtlich, nicht organisiert und ändert sich ständig. Der Bund Deutscher Yogalehrer (BDY) verzeichnet seit dem Jahr 1967 zwar einen "stetigen Zuwachs an Yogalehrenden", seine derzeit 3500 Mitglieder stellen aber nur einen Bruchteil aller Yogalehrer in Deutschland dar.

Dennoch ist die flächendeckende Yogaisierung Bayerns mit bloßem Auge zu erkennen. Kaum eine bayerische Stadt ohne Yogastudio, selbst kleinere Städte wie Waldkraiburg oder Bad Hindelang sind versorgt. Lediglich im Fichtelgebirge und Bayerischen Wald gibt es noch einige weiße Flecken. Geht man davon aus, dass jeder Fünfte in Deutschland Yoga praktiziert, käme man in Bayern rein rechnerisch auf etwa 2,5 Millionen Yogis.

Die bayerische Yogahauptstadt ist München. Der aktuelle Yoga Guide hat etwa 80 ausgewiesene Studios aufgelistet; im Großraum Nürnberg-Fürth-Erlangen sind es etwa halb so viele. Kleine Studios, die ab und zu geöffnet haben, sowie Kurse in Volkshochschulen, Fitnessstudios, Unternehmen, Seniorenheimen und Kindergärten nicht eingerechnet.

Als Urzelle der Yogabewegung in München gilt das 1974 gegründete Sivananda Yoga Vedanta Zentrum an der Steinheilstraße. Seitdem habe sich Yoga "in Form einer langsamen Graswurzel-Evolution stetig weiterverbreitet", sagt Leiterin Swami Durgananda. Etwa 26.000 Lehrer weltweit haben heute eine Sivananda-Ausbildung.

Einer von ihnen ist Patrick Broome, Gründer des Jivamukti Yoga Centers in München, mittlerweile so etwas wie ein Star in der Yogaszene. Unter anderem unterrichtet er die deutsche Fußballnationalmannschaft. Seiner Einschätzung nach gibt es derzeit etwa 1000 Yogalehrer in München.

Bis zu 9000 Euro für Yogalehrer-Ausbildung

Besonders gestresste Städter, auf der Suche nach Wohlbefinden, Entschleunigung und Gelassenheit, strömen scharenweise in die Studios. Anders als bei rein körperlichen Ertüchtigungen ist Yoga ein energetisches Training, das Körper und Geist verbindet. Die Wirkung der Asanas ist relativ schnell spürbar, zudem ist es niederschwellig. Jeder, vom Kind bis zum Greis, kann Yoga üben. Überall. Alles, was man dazu braucht: eine Matte, bequeme Kleidung, einen Lehrer oder zumindest eine gute DVD.

Yoga-Boom im Freistaat: Wer Yoga ernsthaft betreibt, muss sich ständig weiterbilden.

Wer Yoga ernsthaft betreibt, muss sich ständig weiterbilden.

(Foto: Robert Haas)

Von der Yogaeuphorie profitieren nicht nur die Studios. Onlineshops machen Kasse mit Yogakleidung, Zubehör, Hilfsmitteln und Devotionalien, auch die Reisebranche hat den Yogi längst entdeckt. Die Anzahl der Angebote für Yogaferien, oft kombiniert mit Ayurveda-Kochkursen, Wandern, Schwimmen, Massagen, Meditation oder Qi Gong, ist gewaltig. Wer im Internet nach Yogaurlaub sucht, findet eine schier unermessliche Auswahl an Angeboten rund um den Globus. Hochkonjunkur verzeichnet auch der Aus- und Fortbildungsmarkt. Ein krisensicherer Zweig, jedenfalls solange es genügend beschäftigte Yogalehrer gibt. Denn jeder, der Yoga ernsthaft betreibt, muss sich ständig weiterbilden.

Wie in jedem umkämpften Wachstumsmarkt bleiben auch in der entspannten Yogaszene Konkurrenzkampf, Wettbewerb und Preisdumping nicht aus. In manchen Regionen wie Berlin, wo im vergangenen Jahr eine Reihe von Studios pleitegegangen sind, scheint der Markt bereits gesättigt zu sein. "Yoga ist längst ein Business geworden", sagt Dagmar Stuhr, 39, Besitzerin von Airyoga in München und Zürich, mit Yogalehrerausbildung. "Wir zahlen Miete, Steuern und Versicherungen wie jedes andere Unternehmen auch."

In Deutschland sind die Umsätze mit 19 Prozent besteuert, während in der Schweiz und den USA Ausbildungen und Workshops steuerbefreit und der Steuersatz für Yogaklassen sehr gering ist. Immerhin bezuschussen hierzulande noch die meisten Krankenkassen, im Rahmen der Präventionsförderung, einen Yogakurs pro Jahr.

Am Standort München beschäftigt Stuhr zehn Honorarkräfte, die Hälfte von ihnen lebt ausschließlich vom Unterrichten. Reich werde man als Yogalehrer, allein von Stunden, aber eher nicht, sagt Stuhr. Auch wenn die Sätze mit 40 bis 60 Euro in München vergleichsweise hoch seien und sich der Kollege in Nürnberg mit einem Stundensatz von etwa 30Euro begnügen muss. "Das Geld macht man mit Workshops, Lehrerausbildung und Weiterbildung."

Eine fundierte Yogalehrerausbildung ist aufwendig und teuer. Zwischen 2500 und 9000 Euro kosten die Lehrgänge und dauern zwischen vier Wochen und vier Jahren. Jede Ausbildungsschule muss eine Reihe von Anforderungen erfüllen und sich einem Dachverband, wie dem BDY, anschließen. Dieser legt die Prüfungsrichtlinien fest und überprüft die Qualitätsstandards der Ausbildung. Manche Yogaschulen verlangen im Anschluss an die Ausbildung ein zusätzliches Praktikum von mindestens 500 Unterrichtsstunden. Erst dann ist man zertifizierter Yogalehrer.

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