JustizMesserstecher von Würzburg soll abgeschoben werden

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Der Messerstecher von Würzburg während der Gerichtsverhandlung vor drei Jahren. Nun soll der Somalier, der wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und deshalb in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist,  offenbar abgeschoben werden.
Der Messerstecher von Würzburg während der Gerichtsverhandlung vor drei Jahren. Nun soll der Somalier, der wegen einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und deshalb in einer psychiatrischen Klinik untergebracht ist,  offenbar abgeschoben werden. (Foto: Heiko Becker/dpa)

Der Somalier hatte vor vier Jahren in der Würzburger Innenstadt wahllos auf Passanten eingestochen. Drei Frauen starben, es gab mehrere Verletzte. Nun wird geprüft, ob der psychisch kranke und deshalb schuldunfähige Mann in sein Herkunftsland rückgeführt werden kann.

Gut vier Jahre nach der tödlichen Messerattacke eines psychisch kranken Flüchtlings auf drei Frauen in Würzburg steht eine Abschiebung des Mannes im Raum. Nach dem Verbrechen sei der Schutzstatus des Somaliers bestandskräftig widerrufen worden, „und es erging durch die zuständige Ausländerbehörde eine Entscheidung zur Ausweisung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“, teilte das Landesamt für Asyl und Rückführungen mit.Der Somalier sei zur Ausreise verpflichtet „und wird bei Erfüllung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen in sein Herkunftsland rückgeführt“. Zuvor hatte die Main-Post berichtet.

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Der Migrant Mitte 30 – sein genaues Alter ist den Behörden nicht bekannt – hatte am 25. Juni 2021 in der Würzburger Innenstadt wahllos auf arglose Passanten eingestochen. Außer den drei Todesopfern gab es mehrere Verletzte. Der Mann ist mehreren Gutachten zufolge psychisch krank und war demnach bei dem Verbrechen schuldunfähig. Innere Stimmen sollen ihm die Tat befohlen haben.

Der Somalier ist ohne Papiere nach Deutschland eingereist. Damit er abgeschoben werden kann, müssen laut Landesamt mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem bedarf es „eines zur Rückführung geeigneten Personaldokuments, einer geeigneten Flugverbindung sowie der Bereitschaft des Herkunftslandes, die rückzuführende Person aufzunehmen“, wie ein Sprecher mitteilte. „Ein Passersatzbeschaffungsverfahren wurde bereits in die Wege geleitet.“ Außerdem verlangt Somalia demnach für die Ausstellung von „Heimreisescheinen“ grundsätzlich eine sogenannte Freiwilligkeitserklärung.

Im Juli 2022 urteilte das Landgericht Würzburg, dass der Somalier zeitlich unbefristet in einer Psychiatrie unterkommen muss. Solange die Erkrankung des Mannes, paranoide Schizophrenie, fortbesteht und er als gefährlich eingestuft wird, ist eine Freilassung damit ausgeschlossen. Ob von der weiteren Vollstreckung dieser Maßregel abgesehen werden kann, prüft derzeit die Generalstaatsanwaltschaft München. Voraussetzung ist, dass der Mann in sein Herkunftsland rückgeführt wird. „Eine Abschiebung würde dann unmittelbar aus der Unterbringung heraus erfolgen“, teilte ein Sprecher mit.

Der Flüchtling verweigere jede Therapie, sagt sein Anwalt.

Der Anwalt des Somaliers, Hans-Jochen Schrepfer, sagte: „Die Generalstaatsanwaltschaft hat ein eigenes Prüfverfahren in Gang gesetzt, ohne dass es vom Mandanten oder mir als Verteidiger beantragt ist.“ Dass dies schon vier Jahre nach der Tat geschehe, sei sehr früh. In der Psychiatrie verweigert der Flüchtling nach Auskunft seines Pflichtverteidigers jegliche Therapieangebote. „Er ist eine Gefahr für die Allgemeinheit.“ Schrepfer geht davon aus, dass bei einer nächsten gerichtlichen Anhörung – vermutlich Ende Juli – die Fortsetzung des Maßregelvollzugs für den Mann angeordnet wird. „Er ist nicht austherapiert.“

Abschiebungen nach Somalia sind grundsätzlich möglich, vor allem bei Schwerkriminellen, aber wegen der Sicherheitslage in dem ostafrikanischen Land selten. Derzeit leben etwa 65 000 Somalier in Deutschland, davon hat nach früheren Angaben der Bundesregierung nur „eine kleine Zahl“ kein Bleiberecht.Der Flüchtling war nach eigenen Angaben im Mai 2015 von Italien nach Deutschland eingereist, nachdem er zuvor über Nordafrika und das Mittelmeer nach Italien gelangt war. Sein Asylantrag wurde zwar 2016 abgelehnt, aber er erhielt subsidiären Schutz – er hielt sich zur Tatzeit 2021 also legal in Deutschland auf und durfte damals nicht abgeschoben werden.

Der Anwalt nennt den Flüchtling eine „tickende Zeitbombe“.

Nach Worten des Pflichtverteidigers ändert die Abschiebung des Somaliers nichts an seiner Gefährlichkeit – auch für die Bürger in seinem Heimatland. Er sei eine tickende Zeitbombe. „Es ist ja nicht so, dass die somalische Bevölkerung vor ihm sicher wäre.“Auch eine Rückkehr des Mannes nach Deutschland sei denkbar. „Ich habe genug Mandanten, die das fünfte, sechste und siebte Mal wieder illegal über irgendwelche Grenzen eingereist kommen. Da gibt es natürlich null Komma null Sicherheit“, sagte Schrepfer.

Dazu erklärte der Sprecher des Landesamtes für Asyl und Rückführungen: „Nach einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet werden Ausreisepflichtige europaweit zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben.“ Die Ausschreibung erfolge unter Verwendung biometrischer Daten und ermögliche Migrations- und Polizeibehörden, Wiedereinreisen zu verhindern. Käme der Somalier zurück nach Deutschland, könnte die Generalstaatsanwaltschaft wiederum dafür sorgen, dass er erneut in einer Psychiatrie untergebracht wird.

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