Süddeutsche Zeitung

Würzburg:Wende im "Eisenheim-Verfahren"

Eine überraschende Wende hat am Donnerstag das sogenannte "Eisenheim-Verfahren" genommen, in dem es darum geht, dass ein 18-Jähriger eine 20-Jährige 2017 mit knapp drei Promille Alkoholwert im Blut in Untereisenheim im Landkreis Würzburg totgefahren haben soll. Nun ist einer der damaligen Mitfahrer festgenommen worden. Gegen ihn wird wegen Anstiftung zum Mord ermittelt, er sitzt seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Das bestätigten Landgericht und Staatsanwaltschaft Würzburg auf Nachfrage. Dem vorangegangen war eine neue Zeugenaussage, wonach der Beifahrer erzählt haben soll, dass er den Fahrer animiert habe, auf die Fußgängerin zuzuhalten. Der Hauptangeklagte und Fahrer des Wagens, Niclas H., indes sitzt nicht in Haft, warum blieb zunächst unklar. Nun könnte der Prozess wegen Mordes und nicht wie bisher wegen fahrlässiger Tötung neu aufgerollt werden.

Derzeit läuft das Verfahren vor dem Landgericht, weil die Familie des Opfers und die Staatsanwaltschaft Berufung gegen ein erstes, als zu milde gewertetes Urteil eingelegt hatten. Im vergangenen Herbst war Niclas H. nach Jugendstrafrecht zu 5000 Euro Geldstrafe und Führerscheinentzug für drei Jahre verurteilt worden. Er galt als nicht schuldfähig, weil er im Vollrausch war. Das hatte bundesweit Empörung ausgelöst.

In der derzeit laufenden Berufungsverhandlung war nicht nur die Schuldunfähigkeit relativiert worden. Auch war während der Befragung der drei Mitangeklagten die Rede davon, ob H. das Auto gezielt auf die Fußgängerin zugesteuert haben könnte. Dies wurde aber bislang nicht geklärt. Die vier jungen Männer waren 2017 nach einem Weinfest, bei dem sie große Mengen Alkohol getrunken hatten, in das Auto gestiegen. Vor Gericht konnten sie sich an die anschließende Fahrt nicht oder nur vage erinnern. Am kommenden Donnerstag geht die Berufungsverhandlung weiter. Sollte sich dann der Mordverdacht erhärten, könnte sie abgebrochen und der Fall vor einem Schwurgericht noch einmal neu begonnen werden.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2020 / clli
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