Weihnachtssüßigkeit:Geschichteter Hochgenuss

Geschichtete Schokoleckerei aus Franken

Eine Kunst für sich: Ein Konditor schneidet in der Backstube der Bäckerei Brandstätter die sogenannten Heinerli zu. Die Heinerli gelten als typisch fränkische Weihnachtsspezialität, die kleinen Rauten bestehen aus Schokolade und Oblaten in mehreren dünnen Schichten.

(Foto: Daniel Peter/epd)

"Heinerli" sind eine traditionelle fränkische Spezialität und eine echte Herausforderung für Hobbybäcker. Im Würzburger Marktcafé Brandstätter hingegen beherrscht man die Herstellung des rautenförmigen Konfekts in Perfektion.

Mit Schwung kleckst Konditorin Iris Reuter ihrem Kollegen eine große Kelle warme Schokoladenmasse auf eine backblechgroße Oblate. Jochen Seubert zieht die kakaobraune Masse mit einer Winkelpalette flink hauchdünn und legt eine neue Oblate darüber. So geht das wieder und wieder, bis schließlich zehn Oblaten neun Schokoschichten ummanteln. Dann geht's in die Kühlung. Das ist der erste Schritt zu einer traditionellen fränkischen Weihnachtsleckerei: den "Heinerli".

"Die Oblate soll nicht durchschauen", erklärt der 41-jährige Konditor Seubert, während er in der Backstube des Würzburger Marktcafés Brandstätter eine Schicht nach der anderen bestreicht. "Aber die Schicht ist so dünn - es ist schon an der Grenze zum Abkratzen", ergänzt sein Chef, Konditormeister Christian Englert, selbst ein "Heinerli"-Profi. Durch die hauchdünne Schichtung werden die "Heinerli" am Ende trotz der zehn Oblaten nur rund zwei Zentimeter hoch.

Viele Hobbybäcker treibt die Zubereitung der kleinen rautenförmigen Süßigkeiten schier in den Wahnsinn. So war das auch bei Irmgard Heidrich, Winzerin und Landfrau aus dem unterfränkischen Sommerach. "Das war immer so ein Geschmier, das hat mich so aufgeregt, dass ich sie nicht mehr gemacht hab'", sagt sie. Bis sie 2007 von ihrem Onkel, einem Konditor, bei dessen Geschäftsaufgabe das Firmenrezept bekam. Seither seien die kleinen "Heinerli" kein Problem mehr. Jedenfalls nicht für Heidrich.

Woher die "Heinerli" kommen - so genau weiß das keiner. Auch nicht, wann sie entstanden sind. Weil in die Schokomasse aber unbedingt wie auch beim "Kalten Hund" einiges an Kokosfett hineinkommt, kann das Rezept nicht vor Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sein. Denn erst damals entwickelte der deutsche Lebensmittelchemiker Heinrich Schlinck ein Verfahren, um das Fett aus Kokosnüssen fürs Kochen oder Backen verwendbar zu machen. Das Fett sorgt übrigens auch für das Schmelzgefühl beim Essen.

"Man braucht gute Kuvertüre und gutes Nugat."

Neben dem genauen Mischverhältnis der Zutaten sei auch deren Qualität entscheidend für ein gutes "Heinerli", sagt Konditor Seubert: "Man braucht gute Kuvertüre und gutes Nugat." Und man braucht für die Herstellung der Schokoladenmasse Zeit. Denn die Masse darf nicht zu heiß sein, wenn die Eier zur Bindung eingerührt werden - stocken die Eier, kann die Masse nicht mehr verwendet werden. Ist alles gut verrührt, kommt sie für drei Stunden auf ein Wasserbad, "bis sie schön sämig wird", sagt Seubert.

Das Besondere an "Heinerli" - die in anderen Regionen Frankens auch mal "Heinerle" oder "Heinerla" heißen - ist laut Bäckerei-Chef Englert, dass sie "tatsächlich nicht zum Weihnachtsgebäck zählen, weil sie ja gar nicht gebacken, sondern geschichtet werden". Vielmehr seien "Heinerli" Pralinen, oder auch Konfekt. "Sie sind schokoladig, nicht zu süß und einfach lecker", findet Englert.

Mit dem handwerklich nicht ganz einfachen Streichen und Schichten ist die "Heinerli"-Produktion aber noch längst nicht vorbei. Am nächsten Morgen werden die gekühlten und ausgehärteten Platten in kleine Rauten geschnitten. Seubert setzt das große Sägemesser an und zieht kraftvoll einen geraden Schnitt neben dem anderen durch die Schichtplatte. "Das Kokosfett und die Kuvertüre machen das schon sehr fest - man braucht auf jeden Fall ordentlich Kraft", sagt er. Anschließend werden die Streifen in kleine Rauten geschnitten, das ist dann die typische "Heinerli"-Form.

Zwischendurch geht auch mal etwas daneben, sagt Bäckereichef Englert. Die Oblaten in einer mittleren Schicht brechen beispielsweise auseinander: "Solche Stücke kann man natürlich dann nicht verkaufen." Hinzu kommen die Anschnitte am Rand der Platten. "Das hält aber auch nicht lang", sagt er: "Wenn's Heinerli-Abschnitte gibt, werden die ganz schnell von den Mitarbeitern gegessen."

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