Würzburg: Urteil:Stadträtin erhält keine Hartz-IV-Nachzahlung

Wegen 651 Euro Aufwandsentschädigung wurde der Würzburger Linken-Stadträtin Belinda Brechbilder Hartz-IV gestrichen. Dagegen klagte sie.

Die Würzburger Stadträtin Belinda Brechbilder (Die Linke) bekommt keine Hartz-IV-Nachzahlung für die Monate Juni bis September 2008. Das Sozialgericht Würzburg hat am Montag eine Klage der 48-jährigen Kommunalpolitikerin gegen die Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Grundsicherung (ARGE) Würzburg abgewiesen.

Brechbilder wurde im Frühjahr 2008 für die Linke in den Würzburger Stadtrat gewählt und erhielt dafür monatlich 651 Euro Aufwandsentschädigung. Die Stadtrats-Vergütung wurde von der ARGE als Einkommen angerechnet und das bereits bis September gewährte Arbeitslosengeld II gestrichen.

Diese Entscheidung wurde jetzt vom Sozialgericht bestätigt: Die Anfechtungsklage der Stadträtin gegen den Aufhebungsbescheid der ARGE war erfolglos.

Die Richter stützten sich dabei unter anderem auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1998: Demnach müsse sich Brechbilder ihre Aufwandsentschädigung anrechnen lassen, "soweit sie der Steuerpflicht unterliegt", erläuterte der Vorsitzende Richter Jürgen Martin.

Das Gericht recherchierte beim Finanzamt: Lediglich 204 Euro der Stadtratsvergütung sind pro Monat steuerfrei. Was darüber hinausgeht, muss versteuert und damit von der ARGE auch als Einkommen angerechnet werden. Es sei denn, Brechbilder könnte höhere Ausgaben für ihre kommunalpolitische Tätigkeit nachweisen. "Diesen Nachweis hat die Klägerin im vorliegenden Fall aber nicht geführt", sagte Gerichtssprecher Jochen Strnischa. Brechbilder befürchtet Probleme mit dem Datenschutz, wenn sie zum Beispiel Ausgaben für vertrauliche Gespräche mit Bürgern belegen muss.

"Ich habe nicht erwartet, dass ich hier Gerechtigkeit bekomme", kommentierte die 48-Jährige das Urteil. Inzwischen bezieht sie keine Sozialleistungen mehr, sondern verdient ihren Lebensunterhalt als Mitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Kornelia Möller im Würzburger Parteibüro der Linken. Bei der Klage geht es um eine Nachzahlung von mehreren Hundert Euro. Die Stadträtin will den Präzedenzfall trotzdem geklärt haben.

"Meine 49 Stadtratskollegen konnten ihre Aufwandsentschädigung in voller Höhe für ihre politische Arbeit ausgeben. Ich sollte davon meinen Lebensunterhalt bestreiten. Das behindert mich in der Ausübung meines Mandats und verstößt für mich gegen den Gleichheitsgrundsatz."

Brechbilder wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. Auch das Sozialgericht geht von einer "grundsätzlichen Bedeutung der zu klärenden Rechtsfrage" aus und hat deshalb trotz des geringen Streitwerts die Berufung zum Landessozialgericht zugelassen.

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