Mitten in Würzburg:Die Schlacht bei Talavera

Wenn es um den Fortbestand von Kulturgut geht, so neigen die Unterfranken zu emotionaler Wallung. Aktueller Fall: Der Kampf um kostenlose Parkplätze an einem klangvollen Platz.

Glosse von Olaf Przybilla, Würzburg

Wer in Würzburg auf die "Talavera" zu sprechen kommt, der hat ein klares Bild vor Augen. Nein, nicht den Feldmarschall Wellington, keine napoleonischen Truppen und auch nicht das Städtchen Talavera de la Reina, südwestlich von Madrid gelegen. Die "Talavera" steht für einen Großparkplatz - und der war immer schon kostenfrei, seit Jahren, Jahrzehnten, ach was: Jahrhunderten.

An der Schlacht zwischen Wellington und Napoleons Mannen bei Talavera waren 1809 auch Würzburger Truppen beteiligt, ihnen zu Ehren benannte man ein Ausflugslokal auf den Namen der spanischen Stadt und wie's immer so ist: Bald hieß nicht nur das Lokal so, sondern der ganze Platz, 1000 Autos finden dort Obhut.

Wer sich jetzt beim Gedanken erwischt: Ja gibt's denn da nichts Wichtigeres in diesem Unterfranken als so ein Kostenlosparkdings - der war noch nie dort. Selbstredend ist die Talavera nicht so wichtig wie Residenz und Festung. Aber fast.

Kleiner Exkurs: Wer ausgeschlossen hat, in diesem Land könnte irgendwo mal etwas ohne die großen historischen Volksparteien - Union und SPD - vorangehen, sieht sich in Würzburg eines Besseren belehrt. Da haben sich die Grünen mit Linken, der FDP und anderen zusammengetan, um gemeinsam ein neues Verkehrskonzept für die Unistadt zu entwickeln. Ein Punkt: Talavera soll kein Synonym mehr sein für "kostenlos parken".

Wenn's indes um den Fortbestand von Kulturgut (Bocksbeutel) geht, so neigt der Unterfranke zur Wallung, wie man dort sagt. Talavera-Kostenlosparken ist offenbar auch Kulturgut, jedenfalls aktueller Wallung nach zu schließen. Dass der Klimabürgermeister von den Grünen gerade in einem TV-Gespräch mit lockerer Zunge anmerkte, sein Lieblings-Amtsprivileg sei das Recht, fast überall in der Stadt parken zu dürfen - hat die Wallung nicht kleiner gemacht. Die CSU sah sich veranlasst, des Bürgermeisters VW-Bus beim vermeintlich privilegierten Parken zu fotografieren und auf Facebook zu posten.

Auch ein Bürgerbegehren ist in die Wege geleitet, die Causa weitet sich zum Kulturkampf aus. Dessen Ausgang ist völlig offen. SZ-Prognose: Diese Fehde endet unentschieden (Gebühren kommen, aber in geringerer Münze). Wie übrigens - zumindest nach französischer Lesart - die Schlacht bei Talavera.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: