Streit um Lied:Die Freiheit zu grölen

Streit um Lied: Sexismus auf Volksfesten sorgt immer wieder für Diskussionen. Auf dem Frühlingsfest in Stuttgart zum Beispiel stand die Gestaltung einzelner Verkaufsstände in der Kritik.

Sexismus auf Volksfesten sorgt immer wieder für Diskussionen. Auf dem Frühlingsfest in Stuttgart zum Beispiel stand die Gestaltung einzelner Verkaufsstände in der Kritik.

(Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich)

Die Stadt Würzburg hat die Festwirte gedrängt, den Ballermann-Hit "Layla" nicht mehr zu spielen. Volksfeste brauchen aber weder Zensurbehörden noch Moralwächter, sondern allenfalls einen funktionierenden Sicherheitsdienst.

Kommentar von Sebastian Beck

Vor ein paar Jahren war ich auf dem Volksfest in Karpfham unterwegs, als mir ein Rudel betrunkener Mädels entgegenkam, die alle Dirndl trugen - bis auf eine. Die Hochzeiterin hatte sich als Schaf verkleidet und verkaufte Silikonbrüste, die sie allerdings anders bezeichnete. Sexismustechnisch war das eine ganz heikle Aktion, obwohl im "Team Braut" ausschließlich Frauen mitwirkten, und das noch dazu voller Enthusiasmus. Einer der Wiesnhits in dem Jahr hieß übrigens "Ich habe ein Drücken in der Hose".

Bayerns neuer Bierzeltschlager des Jahres 2022 heißt "Layla". Sein Text hat den Vorteil, dass er über weite Strecken nur aus "La-la-la-la" besteht. Er lässt sich auch noch dann mitlallen, wenn man schon zu besoffen ist, um auf der Bank zu stehen. Die Stadt Würzburg hat den Songwritern Michael Müller und Robin Leutner den Gefallen getan und ihre Grölhymne als sexistisch eingestuft und damit ein Quasi-Verbot ausgesprochen. Das ist für sich genommen schon wieder eine Satire, da Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt zuvor noch selbst zu Layla getanzt hat. Jetzt findet er die Diskussion über "falsche Toleranz" auf einmal ganz wichtig und so. Was man halt stammelt, wenn man in flagranti erwischt worden ist.

Vielleicht könnte man Layla aber auch zum Anlass nehmen, um mal wieder echte Toleranz zu üben, statt die Verbieteritis auf Sauffeste auszuweiten. Damit ist nicht das Donaulied gemeint, das eine Vergewaltigung und somit eine Straftat zum Gegenstand hat. Im Grundgesetz ist zwar nicht explizit die Grölfreiheit aufgeführt, aber es lässt sich daraus mit einiger Sicherheit das Recht ableiten, sich unter seinem Niveau zu amüsieren. Ein Volksfest braucht einen Sicherheitsdienst, aber gewiss keine staatliche Zensurbehörde oder Moralwächter oder Allesproblematisierer, weil ein Volksfest vom Wesen her eine anarchische Gaudi ist - siehe Karpfham.

Deshalb sollen sie von mir aus weiter Layla und den anderen Schrott spielen, gerne auch auf dem Oktoberfest. Es ist mir so was von vollkommen wurscht, wurschtiger geht gar nicht mehr. Jedenfalls so lange ich nicht selbst mitsingen oder auf eine Bank steigen muss, weil ich volle Bierzelte nicht ausstehen kann. Vor allem, wenn dann auch noch die Singerei losgeht.

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