Die bayerischen Grünen schwanken auf ihrem Landesparteitag in Würzburg zwischen Euphorie und Zurückhaltung: Während die Bundesvorsitzende Claudia Roth aufgrund sehr guter Umfrageergebnisse für die Wahljahre 2011 und 2013 zum Sturm der Bundes- und Landesregierungen ruft, mahnen andere, durch den Rückenwind nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Als Ziele nannte Roth unter anderem Siege bei den Landtagswahlen 2010. "Wir kämpfen in Berlin und Baden-Württemberg um den Sieg und spielen nicht auf Platz", rief Roth vor rund 300 Delegierten. Ein weiteres Ziel sei der Einzug in die Landtage von Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Partei bisher nicht vertreten ist. Man wolle die weißen Flecken auf der Grünen-Landkarte bei den Landtagswahlen 2011 endgültig verschwinden lassen.
Eine untergeordnete Rolle hinter der SPD wollen die Grünen nicht mehr akzeptieren: "Der SPD rate ich: Hört auf, beleidigt zu sein. Wir sind nicht euer Juniorpartner." Roth kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Union eine weit schärfere Gangart als bisher an: Merkel sehe die Grünen als Hauptgegner, sagte sie. "Das nehmen wir gerne an, Gegnerschaft auf Augenhöhe. Aber macht euch nichts vor, das wird brutal hart, das wird heftig."
Für 2013 arbeiten die Grünen laut Roth darauf hin, die schwarz-gelbe Regierung im Bund zu stürzen und in Bayern bei der Landtagswahl die CSU in die Opposition zu vertreiben. "Wir wollen, dass 2013 die Opposition anders ausschaut, und zwar mit einem großen C", sagte Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper. "Die CSU muss weg", verlangte Landtagsfraktionschef Thomas Mütze.
Scharf attackierte Grünen-Chefin Roth den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, dem sie wegen seiner Forderung nach einem Zuzugsstopp für Arbeitskräfte aus fremden Kulturkreisen "beispiellose rechtspopulistische Hetze" vorwarf. Seehofer habe aus der CSU-Zentrale eine "Wechselstube politischer Positionen" gemacht. Ein "gnadenloser politischer Populismus" habe bei den Christsozialen Einzuge gehalten, "der die Ängste der Menschen nicht ernst nimmt, und der mit bürgerlichem Anstand überhaupt nichts zu tun hat", sagte Roth.
Der Plan: Regierungsfähigkeit beweisen
Trotz aller Euphorie und Kampfeslust angesichts der Rekordumfragewerte warnten sich die bayerischen Grünen auch selbst vor Übermut und Größenwahn. Schopper hielt die Delegierten dazu an, nicht abzuheben: "Wir freuen uns über den Rückenwind, aber wir sehen auch die riesige Verantwortung." In den kommenden drei Jahren bis zur Landtags- und Bundestagswahl 2013 müssten die Grünen die "ersten zarten Bande" zu enttäuschten Wählern von CSU und FDP festigen. Schopper wies die scharfe Kritik aus der SPD zurück, die Grünen seien immer noch gegen alles: "Wir sind keine Neinsager."
Insgesamt lautet das grüne Programm für die bevorstehenden drei Jahre: Regierungsfähigkeit beweisen. Dazu wollen die Grünen vor allem in der Wirtschafts- und Finanzpolitik Sachkunde zeigen. Im Leitantrag für den Parteitag plädiert die bayerische Grünen-Spitze für die Einführung einer CO2-Steuer auf den fossilen Energieverbrauch, um die Umstellung der deutschen Industrie auf eine klimafreundliche Energieversorgung zu beschleunigen. Gleichzeitig fordern die Grünen aber ein Ende des "Wachstumswahns".