Würzburg (dpa/lby) - Eine Ordensschwester aus Unterfranken muss keine negativen Folgen mehr fürchten dafür, dass sie einer Nigerianerin Kirchenasyl gewährte. Sie ist vor dem Landgericht Würzburg am Donnerstag im Berufungsverfahren vom Vorwurf der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt freigesprochen worden. Die 39-jährige Ordensschwester Juliana Seelmann hatte die Nigerianerin, der eine Abschiebung drohte, im Februar 2020 im Kloster Oberzell beherbergt. Auch nach einer negativen Härtefallentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BaMF) hatte sie die 1987 geborene Frau nicht des Klosters verwiesen.
Strittig war vor allem, ob das Verhalten Seelmanns nach dem negativen BaMF-Entscheid eine Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt war. Seelmann sagte während der Verhandlung aus, die Nigerianerin nicht zum Bleiben im Kloster ermutigt oder gar gedrängt zu haben, was die Nigerianerin im Zeugenstand bestätigte. Alleine Beherbergung und Verpflegung wiederum begründen nach einem inzwischen erfolgten Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Bamberg in einem ähnlichen Fall keine Beihilfe. Der nun erfolgte Freispruch ist daher in allseitigem Einvernehmen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihren Berufungsantrag daher während des Prozesses am Donnerstag zurückgenommen.
Seelmann hatte im Juni 2021 vorm Amtsgericht Würzburg zunächst eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt erhalten. Dagegen hatten sie selbst wie auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.
Seelmann begründete ihre Entscheidung zur Aufnahme ins Kirchenasyl damit, dass die 2019 illegal aus Italien eingereiste Nigerianerin Angst hatte, nach einer Abschiebung nach Italien dort erneut in der Zwangsprostitution zu landen. Die Nigerianerin sei in großer Angst gewesen. „Ich habe einen Ort gebraucht, an dem ich sicher bin. Ich wollte nicht nochmal erleben, was ich erlebt habe“, erzählte sie im Zeugenstand. Die Frau ist inzwischen in Landshut wohnhaft und darf in Deutschland bleiben. Ein Verfahren gegen sie war gegen eine Geldzahlung eingestellt worden. Auch ein zweites Kirchenasylverfahren gegen Schwester Juliana in einem anderen Fall war eingestellt worden.
Der Würzburger Bischof Franz Jung sprach von einem „starken und wichtigen Signal für die Gesellschaft“. Der uneigennützige Einsatz für Menschen, die Hilfe benötigten, sei nie verurteilungswürdig. Mit dem Kirchenasyl versuchen Christen manchen Migranten, denen eine Abschiebung droht, meist per Aufnahme in Gottes- oder Pfarrhäuser mehr Zeit für ein ausführliches Rechtsverfahren zu schaffen. Seit 2015 gibt es zwischen den Kirchen und dem BaMF eine Vereinbarung, wonach in Ausnahmefällen im Rahmen von Kirchenasyl eine erneute Härtefallprüfung angeregt werden kann.
Laut BaMF waren im ersten Halbjahr dieses Jahres 742 Personen in Deutschland im Kirchenasyl. Im gesamten Jahr 2021 erhielt das Bundesamt eine entsprechende Kirchenasylmeldung über 1231 Personen.
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