Am Mittwoch wird am Würzburger Hauptbahnhof ein Mahnmal der Öffentlichkeit übergeben: der "DenkOrt Deportationen", der an die Deportationszüge erinnert, mit denen zwischen 1941 und 1943 jüdische Unterfranken in Konzentrationslager transportiert wurden. Ein Gespräch mit der Initiatorin Benita Stolz.
SZ: Frau Stolz, dieses Mahnmal hatte eine längere Vorgeschichte.
Benita Stolz: Das kann man so sagen. Das Projekt geht auf das Jahr 2011 zurück, als etwa 3000 Menschen knapp zwei Kilometer zum Güterbahnhof Aumühle gelaufen sind und damit an jenen Weg erinnert haben, den die meisten unterfränkischen Juden gehen mussten, um dort in die Deportationszüge gezwungen zu werden. Das waren in der NS-Zeit insgesamt 2069 Menschen, davon haben lediglich 63 überlebt.

Nationalsozialismus:Bayern investiert in das Gedenken
Die Staatsregierung will Gedenkstätten sanieren, überarbeiten und teilweise ausbauen. Die Kosten dafür schätzt Kultusminister Piazolo auf mindestens 200 Millionen Euro.
In Würzburg mussten sich Juden aus ganz Unterfranken versammeln.
Aus allen Regionen, ja. Sechs große Deportationszüge gab es, der letzte ist auf den 17. Juni 1943 datiert. Exakt 77 Jahre später wird nun unser Denkmal eröffnet werden.
Seit dem Erinnerungszug 2011 hat Sie das Thema offenbar nicht mehr losgelassen.
So ist es. Leider aber haben sich die Pläne für ein Denkmal am Güterbahnhof Aumühle aus baulichen Gründen zerschlagen.

Nun werden Reisende künftig den Hauptbahnhof verlassen und zur Linken direkt auf das vielteilige Mahnmal blicken.
Ein prominenter Ort, ja, die Stadt hat hier Enormes geleistet. Nachdem der Standort Aumühle nicht verwirklicht werden konnte, waren wir zunächst hilflos. Bis einer der Heimatpfleger aus den unterfränkischen Kommunen die Idee hatte: Warum gehen wir damit nicht an den Hauptbahnhof? Auch von dort wurden ja Juden deportiert. Wir haben uns angeschaut, der OB war in dem Moment dabei. Von da an ging's nur noch darum: Wohin genau am Bahnhof?
Schon einschneidend für die Stadt.
Ich kann's ehrlich gesagt immer noch nicht ganz glauben, dass dieser Ort realisiert werden konnte. Das können wir schon sagen: In Würzburg wird dieses Denkmal wahrlich nicht versteckt. Und es gab sogar einen einstimmigen Stadtratsbeschluss dafür.
Die besondere Form, das Vielteilige dieses Mahnmals, auf wen geht das zurück?
Das war meine Idee. Ich wollte auf keinen Fall ein Denkmal eines einzelnen Künstlers, das einmal eröffnet wird und an dem ab und zu Gedenkfeiern stattfinden. Von der Sorte gibt es genug in Deutschland. Ich wollte etwas, das lebt, das immer wieder neu entstehen muss, an dem viele beteiligt sind. Ein soziales Denkmal. Wir stehen im Kontakt mit den 109 unterfränkischen Gemeinden, in denen es 1933 jüdische Kultusgemeinden gab, auch aber mit den anderen, wo es keine solchen Gemeinden gab, die sich finanziell beteiligen können. Die Gemeinden steuern je zwei identische Gepäckstücke aus Metall, Holz, Beton oder Stein bei. Eines wird am Würzburger Bahnhof aufgestellt, das andere in ihrer Gemeinde. 47 Gemeinden beteiligen sich bislang.

Gab es auch definitive Absagen?
In einem Ort gab es einen abschlägigen Gemeinderatsbeschluss. Dann haben sich etliche Frauen zusammengetan - und inzwischen hat der Ort zwei Gepäckstücke beigesteuert. Ob am Ende aus allen 109 Gemeinden gestaltete Gepäckstücke kommen werden, ist offen. Der Weg aber ist das Ziel.
Hätte das Projekt auch scheitern können?
Eines war immer klar: Wenn der Würzburger Josef Schuster, inzwischen Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, das Denkmal in dieser Form nicht gutgeheißen hätte, hätten wir es so nicht weiterverfolgt. Er hat aber keinen Moment gezögert, das für eine sehr gute Idee zu halten.