OB Schuchardt wechselt zum Städtetag:Würzburg stehen turbulente Zeiten bevor

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Der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt wechselt zum Deutschen Städtetag. (Foto: Heike Lyding/Imago)

Christian Schuchardt, seit 2014 Rathauschef in der Unistadt, wird Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages – eine Überraschung. Wenn er zum kommenden Sommer wechselt, würde seine Amtszeit eigentlich noch mehr als ein halbes Jahr dauern. Was bedeutet das für die Stadt?

Von Olaf Przybilla

Im Rathaus von Würzburg sind am Donnerstagvormittag „einige ziemlich vom Stuhl gefallen“, wie das ein gut verdrahteter Mitarbeiter formuliert. Dass nämlich Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) auf dem Sprung steht und die Stadt in Richtung Deutscher Städtetag verlassen will, hatten die wenigsten auf dem Schirm. Um 10.09 Uhr meldete der Städtetag eine Neuigkeit, die in der unterfränkischen Universitätsstadt nicht gerade für kleine Verblüffung sorgt: OB Schuchardt, 55, wird Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages.

So einen Job macht man hauptamtlich, auch darauf weist die Mitteilung hin. Was wiederum heißt, dass der Stadt Würzburg turbulente Zeiten ins Haus stehen. Denn Schuchardt kümmert sich vom 1. Juli 2025 an um die Geschäfte des Städtetages – ist aber im März 2020 für eine weitere, eine zweite Amtszeit gewählt worden. Die dauert normalerweise bis 2026. Was wiederum heißt, dass die Stadt auf vorgezogenen Neuwahlen zusteuern dürfte.

Am Donnerstag aber ging es erst mal um die Fakten aus Frankfurt am Main: In seiner Hauptausschuss-Sitzung hat der Städtetag dort Schuchardt – einen gebürtigen Frankfurter – einstimmig gewählt. Er folgt damit Helmut Dedy, 66, der im kommenden Jahr nach neun Jahren an der Spitze der Hauptgeschäftsstelle in den Ruhestand gehen wird.

Seit 2014 ist Schuchardt Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, zuvor war er Stadtkämmerer. 2020 wurde er im ersten Wahlgang mit etwa 52 Prozent der abgegebenen Stimmen bestätigt. Vor seinem Wechsel nach Würzburg war Schuchardt Beigeordneter der Stadt Schwerte in Nordrhein-Westfalen und hatte sich bei der Hessischen Landesbank mit kommunalen Haushalten befasst. Beim Städtetag freuen sie sich schon auf den Neuen: „Christian Schuchardt kennt als Oberbürgermeister die Herausforderungen, vor denen die Städte in Deutschland stehen, aus eigener, ganz praktischer Erfahrung. Mit ihm gewinnen wir eine starke Stimme aus der kommunalen Familie als hauptamtliche Spitze unseres Verbandes“, lässt sich Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und OB der Stadt Münster, in einer Mitteilung zitieren.

Währenddessen müssen sich in Würzburg viele erst mal schütteln. Selbst führende CSU-Mitglieder des Kreisverbands räumen ein, vom anstehenden Wechsel erst am Donnerstagvormittag erfahren zu haben. „Eine Überraschung“, räumt einer jener Parteigranden ein, „das passt zur Vorweihnachtszeit“. Schuchardt ist kein CSU-Mitglied, sondern als gebürtiger Hesse Mitglied der CDU. Einladungen, doch zu den Christsozialen zu wechseln, hat der als liberal geltende Schuchardt stets dankend abgelehnt.

Immerhin Wolfgang Roth, CSU-Chef im Würzburger Stadtrat und kommissarischer Kreisvorsitzender, wusste von den Ambitionen Schuchardts schon seit etwa einer Woche. Auch er sei „total überrascht“ gewesen davon und habe die Mitteilung offenbar „so bleich“ entgegengenommen, dass sich Schuchardt seinerseits noch einen Tag später besorgt gezeigt habe. Roth habe versprochen bis zur Städtetags-Abstimmung zu schweigen. Daran habe er sich gehalten.

Die CSU braucht in jedem Fall einen neuen Kandidaten

Roth würdigt Schuchardt als „ausgleichenden und moderaten“ Rathauschef. Einer, der zwar nie CSU-Mitglied geworden ist, zu dem „wir als CSU aber natürlich den engsten Draht hatten“. Stehen vorgezogene Neuwahlen ins Haus? Die Stadt lasse das gerade vom Innenministerium prüfen, sagt Roth. Momentan sehe es danach aus. Auch die Stadt geht davon aus: Schuchardts Schritt führe „voraussichtlich zu vorgezogenen OB-Neuwahlen“ im zweiten Quartal 2025 heißt es in einer Erklärung.

Aber selbst wenn – mit kommissarischem OB – doch erst 2026 gewählt werden müsste: Die CSU braucht in jedem Fall einen neuen Kandidaten. Als Favoritin darf die 3. Bürgermeisterin und Leiterin des Referats Bildung, Schule und Sport gelten: die studierte Politikwissenschaftlerin Judith Roth-Jörg. Eine Frau, über deren Chancen Kreischef Roth freilich nur dezent sprechen kann: Er ist verheiratet mit ihr.

Bei den Grünen dürfte als OB-Kandidat Martin Heilig antreten, bislang Stellvertreter Schuchardts und Würzburgs Klimabürgermeister. Die SPD, sagt Parteichefin Freya Altenhöner, sei „sehr überrascht“ und will sich zunächst sortieren.

Schuchardt selbst erklärt seinen Wechsel damit, er wolle die in Teilen „äußerst schwierige Lage der Städte“ verbessern. 2025 werde er „exakt 18 Jahre“ Wahlbeamter gewesen sein: „Wenn ich noch etwas anderes machen möchte, dann ist es nun an der Zeit.“ Schuchardt, studierter Verwaltungswissenschaftler, war 2007 Kämmerer geworden. Das „Haus, in dem Fall die Stadt Würzburg“, sei seiner Ansicht nach gut bestellt: „Der Haushalt steht im Verhältnis zu anderen Städten wie eine Eins.“

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