Kratzers Wortschatz:Und ein saures Lüngerl für Herrn Söder

Söder und Laschet beim Brautwurstessen

Zwar kein "Lüngerl mit Kloß", dafür aber "Zehn im Herzla": Markus Söder beim Essen von Traditionsgerichten.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

"Seit meiner Kindheit esse ich gerne Lüngerl mit Kloß", schrieb Ministerpräsident Markus Söder auf Instagram. Allerdings verzichten immer mehr Menschen auf derlei Traditionsgerichte.

Von Hans Kratzer

Lüngerl

Ministerpräsident Markus Söder ist sichtbar stämmiger geworden, was nicht verwundert, wenn man einen Blick auf seinen Speiseplan wirft. Dass er dem Stamme der Genießer zugehört, belegt er ja selber auf dem Kanal Instagram. Dort präsentiert er häufig in Wort und Bild, welche Schmankerl er sich bei guter Gelegenheit einverleibt (#söderisst). Vor einigen Tagen ließ sich Söder in Weltenburg ein altes Traditionsgericht schmecken. Er schrieb: "Seit meiner Kindheit esse ich gerne Lüngerl mit Kloß. Das hat meine Mutter immer perfekt gemacht. Viele kennen das kaum mehr." Sein Eintrag stieß nicht nur auf Begeisterung. "Sieht bissele aus wie Erbrochenes", schrieb eine Followerin, eine andere Person sah es pragmatisch: "Also dem Wastl, meinem Hund, schmeckt das auch."

Ob so oder so, das Kalbslüngerl in seiner geschnetzelten Form, auch saure Lung genannt, wurde früher im Verbund mit einem Semmelknödel als Spezialgericht schlechthin bei Hochzeiten und beim Totenmahl (Kremess) aufgetischt. Weil es schnell zubereitet, leicht warm zu halten und im Notfall zu strecken war. In der gehobenen Sprache heißt das vom Aussterben bedrohte Lüngerl auch Lungenhaschee.

Beuscherl

In Südbayern und Österreich sind Lunge und sonstige Innereien auch unter der Bezeichnung Beuschel oder Beuscherl bekannt. In einer Schlachtschüssel schwammen dementsprechend Herzen, Nieren und allerlei Beuscherl. Als der Wohlstand nach dem Krieg wuchs, wurde das Lüngerl beim Totenmahl vom Schweinsbraten abgelöst. Nur dort, wo es ärmlich zuging, blieb man beim billigeren Lüngerl und nahm in Kauf, dass die Gäste über eine Beuschelleich klagten. Als Beuschelreißer galt wiederum eine starke Zigarette, die keinen Filter hatte, früher trugen diese Sorten lustige Namen wie etwa Mokri. Außerdem wurden auch mitreißende Melodien in diese Kategorie eingeordnet. Die Tanzhits in der Disco hießen Beuschelreißer. Danach zu tanzen, war jedenfalls angenehmer als an einer Lungenkrankheit zu leiden. "Oh je", hieß es dann, "dem feits am Beischl!"

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