Süddeutsche Zeitung

Wolfgang Krebs:CSU hält Stoiber-Double klein

Bislang hat er CSU-Granden wie Stoiber nur parodiert. Jetzt will Wolfgang Krebs selbst für die CSU große Politik machen - doch die Partei bremst ihn aus.

Stefan Mayr

Wolfgang Krebs streicht über Horst Seehofers Scheitel und zupft ihn mit zwei Fingern und viel Liebe zurecht. Dann pustet er leicht ins Haar, um der Ministerpräsidenten-Frisur eine landesväterliche Flauschigkeit zu verleihen. "Schauen Sie", sagt Krebs und zeigt stolz seine neue Perücke, "da ist jedes Haar einzeln reingeknüpft."

Der Kabarettist setzt die handgemachte, 2000 Euro teure Maßanfertigung auf, streckt seine Brust vor und brummt: "Der Herr Seehofer spricht langsam und beruhigend durch die untere Zahnreihe, den Kopf leicht nach unten gesenkt, dadurch wird seine Stimme dunkler und vertrauenswürdiger."

Krebs schmettert ein Seehofer-Lachen hinterher, lässt die Brust wieder auf Normalmaß sinken und schwärmt - jetzt in seinem eigenen Duktus weniger staatstragend, dafür umso besser gelaunt: "Seehofer ist eine großartige Rolle, ein bayerischer Superhero."

Wolfgang Krebs ist bekannt als Double von Edmund Stoiber - vor allem aus "Quer", der Donnerstagabend-Satire des Bayerischen Fernsehens. Nach vielen Jahren als Stoiber und wenigen Wochen als Günter Beckstein muss der Landesvater-Doppelgänger vom Dienst nun Horst Seehofer parodieren. Eine hünenhafte Herausforderung. Doch der 42-Jährige aus Kaufbeuren gibt sich gelassen: "Ich bin ja selbst 1 Meter 90 groß."

"Peinliches Kasperltheater"

Mehr Ärger bereitet Krebs sein anderes Projekt: Er will bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Ost-/Unterallgäu für die CSU kandidieren, fühlt sich aber von der Partei ungerecht behandelt. Er nennt das Geplänkel der Ostallgäuer CSU vor der Kandidatenkür "peinliches Kasperltheater".

Krebs sitzt im Arbeitszimmer seiner Doppelhaushälfte in Kaufbeuren-Neu-gablonz. Unter der Dachschräge bereitet er seine Auftritte vor. "Am Wahlabend hat mich schon der Schlag getroffen", berichtet er. "Ich dachte, das wird nicht einfach und nicht lustig, wieder einen Neuen einzustudieren." Ob er als Seehofer je das Niveau erreicht, das ihn in seiner Paraderolle als Stoiber auszeichnet?

Noch darf er seine neue Perücke im Quer-Studio nicht aufsetzen. Noch tritt er nur als Riese auf, dessen Kopf in Hermann-Munster-Manier über den Bildschirmrand hinausragt. "Wir wollen den Kopf sukzessive in die Sendung einbauen." Angst, an der neuen Aufgabe zu scheitern, hat er nicht. "Ich muss Seehofer ja nicht imitieren, sondern parodieren."

An Selbstbewusstsein mangelt es Krebs nicht. "Ich bin ein Vermarktungs-Genie", sagt der verheiratete Vater zweier Söhne (15 und 13 Jahre alt). Nach dem Hauptschulabschluss wurde er zum Postoberschaffner ausgebildet. Die Berufsoberschule brach er ab, um Studioleiter bei Radio Allgäu zu werden. Dann stieg er zum Referenten der Geschäftsleitung von Pro Sieben Sat 1 auf. Zuletzt war er Marketingchef bei RTL II.

Nebenbei schrieb Krebs das Märchenbuch "Sternreisen". Er gründete auch einen Verlag - und "setzte ihn in den Sand", wie er selbst sagt.

Ohne Rückschläge verlief seine Laufbahn als Schauspieler: Er begann als Hobbydarsteller beim Marktfestspielverein Blonhofen und landete beim Bayerischen Fernsehen - ohne Umweg über eine Schauspielschule. Anfang 2008 kündigte er seinen Managerposten und versuchte sich als Vollzeit-Berufskünstler. Seitdem wird er vor allem als Stoiber-Double gebucht.

Er stoibert beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos und der Weihnachtsfeier des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt, bei Vip-Partys vom Starnberger See bis Sylt oder beim Benefiz-Kassieren im Mindelheimer Drogeriemarkt. Im Radio ist er täglich als "Super-Seehofer" zu hören, und jeden Donnerstag lobt er im Quer-Studio von seinem Seehofer-Podest herab die CSU in fein überzeichneten, höchsten Tönen. Wer alle Facetten der Kritik heraushören will, muss genau aufpassen.

Als politischer Kandidat spricht Krebs dagegen Klartext: "Meine Söhne sind G8-geschädigt." Auch Monika Hohlmeiers Transfer nach Oberfranken als Europawahl-Kandidatin kritisiert er offen: "Die Art und Weise war nicht zuträglich, da wird Wein gepredigt und Wasser eingeschenkt."

Am meisten ärgert Krebs jedoch die CSU-interne Kandidatenfindung in seinem Bundestagswahlkreis. "Ich fühle mich ganz klar geschnitten." Grund seines Frusts: Die Vorstellungsrunde der Kandidaten wurde so gelegt, dass er nicht teilnehmen kann. "Der Termin wurde nicht mit mir abgestimmt, an diesem Tag habe ich vertragliche Verpflichtungen mit der ARD", schimpft er.

Der Ostallgäuer CSU-Kreischef Reinhold Sontheimer verteidigt die Planung: "Den Herrn Krebs kennt doch eh jeder." Was Sontheimer nicht sagt: In der Sitzung wird wohl über die Kandidaten abgestimmt werden. "Dass ein Seiteneinsteiger in Abwesenheit gewählt wird, hat es noch nie gegeben", so Krebs, "damit bin ich chancenlos." Die Kandidatur will er aber nicht zurückziehen, sondern eine schriftliche Erklärung verteilen lassen.

Pro forma darf er also zur Kandidatenkür antreten. De facto ist er aber aus dem Rennen, bevor der erste Delegierte den Versammlungsraum betritt. Die zwei anderen Kandidaten arbeiten im CSU-Kreisvorstand schon länger mit Sontheimer zusammen. Dass sie die Abwesenheit des prominenten Konkurrenten bedauern, darf ausgeschlossen werden.

Das klingt ein wenig nach jenem Filz, der die CSU neuerdings so beschäftigt. "Filz hat doch positive Eigenschaften", brummte jüngst Krebs alias Seehofer in Quer. "Filz wärmt, und die Menschen sollen doch froh sein, dass die CSU sie damit einhüllt." Krebs alias Krebs ist anderer Ansicht: "Die Leute wollen Politiker an ihren Leistungen messen und nicht an strategischen Winkelzügen."

Vorbildliche Parteilaufbahn

Das sagt einer, der eine CSU-Sozialisation wie aus dem Bilderbuch vorweist: Mit zwölf Jahren nahm ihn sein Vater zum Landesparteitag mit Franz-Josef Strauß mit. Mit 16 trat er der Jungen Union bei, zehn Jahre später der CSU. Zweimal kandidierte er für den Kaufbeurer Stadtrat, schaffte den Einzug aber nicht. Seit Sommer ist er Vorsitzender des "Aktionskreis Neugablonz" zur Förderung des Stadtteils.

"Ich bin überzeugt, dass ich die CSU bereichern und gut vertreten kann", sagt Krebs. Die Ostallgäuer CSU-Granden sehen das offenbar anders. Seit 1980 sitzt der Verwaltungswirt Kurt Rossmanith, 64, auf den hinteren Bänken von Bonn und Berlin sein Mandat ab. Jetzt tritt er nicht mehr an.

Ein Nachfolger, der sein Geld damit verdient, sich über die CSU lustig zu machen? So weit ist die Erneuerung der Partei noch nicht. "Wenn es nicht klappt, werde ich weiter als Kabarettist arbeiten", sagt Krebs. "Dann werde ich das Innenleben der CSU noch besser kennen als zuvor. Das schadet gar nicht."

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SZ vom 20.01.2009/bica
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