Süddeutsche Zeitung

Regensburg:Staatsanwaltschaft will weiteren Prozess gegen Wolbergs erzwingen

  • Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg eingelegt, um doch noch ein zweites Verfahren gegen den suspendierten Regensburger OB Wolbergs zu eröffnen.
  • Zuvor hatte das Landgericht Regensburg entschieden, eine zweite Anklage nicht zuzulassen.
  • Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf den Verlauf des aktuellen Verfahrens haben.

Von Andreas Glas, Regensburg

Mit einer Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) versucht die Staatsanwaltschaft Regensburg, doch einen zweiten Korruptionsprozess gegen Regensburgs suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) zu erzwingen. Eine entsprechende Anklage hatte das Regensburger Landgericht am Montag abgelehnt - mit der Begründung, dass es "eine untrennbare Verknüpfung mit Tatvorwürfen" gebe, die bereits im derzeit laufenden Prozess gegen Wolbergs eine Rolle spielen. Diese Begründung "trägt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht", teilte die Behörde am Mittwoch mit.

Im Kern muss das OLG nun entscheiden, ob ein Verfahrenshindernis allein darin besteht, dass es in beiden Fällen um Parteispenden geht, die zwar aus dem Umfeld verschiedener Bauunternehmer kamen, aber auf unrichtige Weise in die selben Rechenschaftsberichte der SPD einflossen. Es geht um die Frage, ob die Tatvorwürfe der beiden Fälle tatsächlich ausreichend verknüpft sind, obwohl die Hintergründe der Spenden ebenso unterschiedlich sein könnten wie die Vorteile, die sich der jeweilige Unternehmer davon versprochen haben könnte.

Im derzeit laufenden Prozess geht es um gut 475 000 Euro, die aus dem Umfeld des Bauunternehmers Volker Tretzel an den von Wolbergs geführten SPD-Ortsverein flossen. In der zweiten Anklage geht es um rund 160 000 Euro aus dem Umfeld des Bauunternehmers Thomas D. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es Zusammenhänge gibt zwischen den Spenden und Diensthandlungen des OB zugunsten der Unternehmer. Tretzel und Wolbergs bestreiten dies, Thomas D. hat seinerseits einen Strafbefehl wegen Bestechung des OB akzeptiert.

Falls das OLG die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ablehnt, könnten die Vorwürfe der zweiten Anklage in den derzeit laufenden Prozess einfließen. Über welchen Weg dies geschehen könnte, darüber gibt es unter Juristen unterschiedliche Meinungen. Der Augsburger Strafrechtsprofessor Michael Kubiciel hatte am Dienstag im SZ-Gespräch eine Nachtragsanklage ins Spiel gebracht, für die es die Zustimmung des Angeklagten brauche. Henning Ernst Müller, Strafrechtsprofessor an der Universität Regensburg, sieht einen einfacheren Weg. Folgt man dem Landgericht, dass es sich bei den Spenden beider Unternehmer um dieselbe prozessuale Tat handelt, könnte das Gericht die Vorwürfe aus der zweiten Anklage laut Müller auch ohne Nachtragsanklage in den laufenden Korruptionsprozess aufnehmen.

Demnach ist denkbar, dass die Staatsanwaltschaft eine Unterbrechung des laufenden Korruptionsprozesses fordert, um die OLG-Entscheidung abzuwarten. Falls das OLG die Beschwerde ablehnt, könnte die Staatsanwaltschaft dann beantragen, die Vorwürfe der zweiten Anklage in den laufenden Prozess einzubringen. Dann allerdings könnte es sein, dass wiederum die Verteidiger eine Aussetzung des Prozesses beantragen, um sich entsprechend vorzubereiten. Das seit 45 Prozesstagen laufende Verfahren müsste dann samt der neu dazugekommenen Vorwürfe komplett von vorne beginnen.

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SZ vom 14.03.2019/axi
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