Wohnhaus von Papst:Blau-weiß gekachelte Bescheidenheit

Hier also hat er seine Aufsätze verfasst, und hier hat er sich auch die Zähne geputzt: Joseph Ratzingers früheres Wohnhaus in Pentling kann künftig besichtigt werden .

Wolfgang Wittl

Hier also hat er seine Aufsätze verfasst, hier hat er in seinen Büchern gestöbert und hier hat er sich auch die Zähne geputzt. In der Schrankwand steht ein altes Kofferradio, auf dem Schreibtisch liegt ein Vorlesungsverzeichnis der Universität Regensburg von 1972, daneben eine griechische Ausgabe des Neuen Testaments.

Papst Benedikts Wohnhaus wird zur Begegnungsstaette

Das ehemalige Wohnhaus Papst Benedikts in Pentling bei Regensburg wird als theologische Begegnungsstaette eingeweiht.

(Foto: dapd)

"Total zerlesen", sagt Professor Rudolf Voderholzer. Eine schwarze Ledermappe liegt da, als warte sie darauf, von Joseph Ratzinger unter den Arm geklemmt zu werden, ehe sich der Professor im dunklen Mantel und mit Baskenmütze auf den Weg zur Uni macht - wie es von 1969 bis 1977 der Fall war. Und genau so soll es sein, sagt Voderholzer, der das Projekt als Leiter des Instituts Papst Benedikt XVI. steuert: der Eindruck, Ratzinger könne jeden Moment in sein Arbeitszimmer zurückkehren.

Es ist kein Geheimnis, dass Joseph Ratzinger sich wünschte, seinen Lebensabend als Wissenschaftler in Pentling zu verbringen. Dafür hatte er das Haus 1970 bauen lassen, und deshalb hat er es über all die Jahre behalten, obwohl sich sein Lebensentwurf bekanntlich gravierend geändert hat. Die Entscheidung über seinen ersten Karriereschritt - der Ruf als Erzbischof nach München und Freising - traf Ratzinger 1977 in seinem Haus in Pentling.

Es ist ein unscheinbares Anwesen, das sich am Ende der Bergstraße befindet. Bäume verdecken den funktionalen Zweckbau, der innen wie außen in schlichtem Weiß gehalten ist. Diesen Samstag wird das Haus vom ehemaligen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation, als "theologische Begegnungsstätte" eingeweiht.

Der Papst selbst zeichnete auf, wie die Räume eingerichtet waren. Manches ist im Original erhalten, manches wurde nachgebaut. Wie der Schreibtisch, den Ratzinger 1953 nach seinem Auszug aus dem Freisinger Priesterseminar auf all seine Stationen mitgenommen hat, und der heute im Apostolischen Palast steht.

Dies sei eine typische Eigenheit der Familie Ratzinger, sagt Voderholzer: "Man kaufte nur wenige Sachen, aber dafür gute. Und die mussten dann halten." So auch die rote Schreibmaschine von 1949, auf der die 1991 gestorbene Maria Ratzinger die Manuskripte ihres Bruders ins Reine schrieb. Ihr ist ebenso ein Zimmer gewidmet wie dem älteren Bruder Georg, der noch heute in Regensburg lebt. Besucher bekommen somit nicht nur einen Einblick in "eine Oase der Wissenschaft" wie Voderholzer sagt, sondern in das einfache Leben dreier Geschwister, denen jeder Prunk fremd gewesen ist - so zu sehen auch im blau-weiß gekachelten Badezimmer.

Im Gegensatz zum Geburtsort des Papstes soll sich der Trubel in Pentling allerdings in Grenzen halten, darin sind sich Institut und Gemeinde einig. Jährlich 100 000 Glaubenstouristen zählt Marktl am Inn, das sogar eine eigene Tourismus-GmbH gegründet hat. In Pentling sollen Führungen nur auf Voranmeldung stattfinden, möglicherweise wird es einmal einen virtuellen Hausrundgang im Internet geben. Denn Platz ist knapp: Das Haus, das der Papst der in Regensburg ansässigen Stiftung überschrieben hat, befindet sich in einer Sackgasse ohne Parkmöglichkeiten. Im Inneren treten sich mehr als 20 Leute schnell auf die Füße.

Trotzdem soll das Gebäude "nicht nur rumstehen", wie Voderholzer erklärt. Es wäre in der Tat zu schade, wenn der Brief des siebenjährigen Joseph ans Christkind unbeachtet bliebe: "Ich wünsche mir einen Volks-Schott, ein grünes Messkleid und ein Herz-Jesu", heißt es in gestochener Kinderschrift. Und weiter: "Ich will immer brav sein. Schöner Gruß von Joseph Ratzinger." Grundsätzlich freilich spiegelt das Haus die nüchterne Bescheidenheit eines in Wissenschaft und Glauben versunkenen Mannes.

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