Die Wiederausbreitung der Wölfe in Bayern kommt weiter nur langsam voran. Nach aktueller Statistik des Landesamts für Umwelt (LfU), das für das Monitoring der Tiere zuständig ist, gibt es unverändert 13 sogenannte Wolfsterritorien im Freistaat. Das sind die Gebiete, in denen Wölfe nachgewiesen sind. Neun sind demnach von Rudeln besiedelt, in drei streifen Einzeltiere umher und in einem ist ein Wolfspaar dokumentiert.
Regionale Schwerpunkte sind die Rhön mit zwei Rudeln, das Dreieck zwischen dem Nürnberger Norden, Bayreuth und Weiden mit zusammen vier Rudeln und der Bayerische Wald mit einem Rudel und einem Wolfspaar.

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„Im letzten halben Jahr hat sich da nicht viel verändert“, sagt Uwe Friedel, Wolfsexperte beim Bund Naturschutz (BN). „Es gab auch praktisch keine Meldungen über beunruhigende Sichtungen, auffällige Risse oder andere besondere Vorkommnisse.“ Die Stimmung in der Bevölkerung auf dem Land ist nach Friedels Beobachtung deutlich entspannter, als sie es schon mal war. Vor allem die Halter von Nutztieren sind gegen die Wiederausbreitung der Wölfe, weil sie um ihre Schafe, Rinder und anderen Nutztiere auf den Weiden fürchten.
In der Staatsregierung streiten sie derweil heftiger denn je über den richtigen Umgang mit den Wölfen in Bayern. Kaum eine Woche, in der Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Agrar- und Forstministerin Michaela Kaniber (CSU) sich deshalb kein verbales Scharmützel liefern. So auch dieser Tage, als Aiwanger wieder einmal gefordert hat, „schleunigst zu handeln und den Wolf ins Jagdrecht auf Landes- und Bundesebene aufzunehmen“ – so wie er das seit Monaten als Jagdminister für das bayerische Jagdgesetz vorhabe. Doch anstatt „konstruktiv“ darüber zu diskutieren, blockiere „die CSU aus parteitaktischen Gründen“.
Die Antwort kam postwendend. „Märchen vom Wolf helfen nicht weiter“, ließ Kaniber barsch mitteilen, „die Aufnahme des Wolfs in das bayerische Jagdrecht wäre eine reine Symbolpolitik.“ Aiwangers Pläne nannte sie einen „bayerischen Alleingang“ und „ein verfassungsrechtliches Experiment“, die am Ende obendrein nichts brächten – „außer billigen Schlagzeilen“. So etwas sei nicht mit ihr zu machen, tat Kaniber kund. Sie stehe „für rechtlich sauberes Regierungshandeln“, so wie es bisher „immer Markenzeichen der gesamten Staatsregierung gewesen sei“. Zugleich warnt die Ministerin vor „leerem Getöse“ und „Nebelkerzen“.
Der neuerliche Schlagabtausch ist einigermaßen überraschend. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass sich Aiwanger und Kaniber seit Langem in tiefer Abneigung verbunden sind. Denn einerseits sieht es ja gerade die CSU nicht so eng mit bayerischen Alleingängen. Und andererseits könnten beide Politiker dieser Tage eigentlich äußerst zufrieden sein. Die 27 Mitgliedsstaaten der EU haben jetzt den Schutzstatus des Wolfs von „streng geschützt“ auf „geschützt“ abgesenkt.
Damit haben sie nach langem Hin und Her einen Abschuss der Raubtiere erleichtert – genauso wie Kaniber und Aiwanger das mit unermüdlicher Vehemenz seit vielen Jahren gefordert haben. Sie könnten also zumindest für einen Moment innehalten, möchte man meinen. Schließlich sind sie ihrem Ziel einen Riesenschritt näher gekommen.
Wolfsabschüsse könnten schon bald vereinfacht werden
Zumal ja außerdem vorgezeichnet ist, dass auch der Bund ihre Forderung schnell erhören wird. Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie die Absenkung des EU-Schutzstatus im Bundesnaturschutzgesetz nachvollziehen und außerdem den Wolf ins Bundesjagdgesetz aufnehmen wird. Das heißt, dass schon bald Wolfsabschüsse tatsächlich leichter genehmigt und dann schneller umgesetzt werden können. Beobachter wie der Wolfsschützer Friedel sehen die Streitereien zwischen Kaniber und Aiwanger mit Grauen. Und zwar nicht nur deshalb, weil sie die Wolfspopulation zumindest hier in Bayern noch auf längere Zeit für viel zu klein halten, um schon jetzt Abschüsse zu erleichtern und zu beschleunigen.
Sondern weil sie überzeugt sind, dass die Neuerungen den vielen Nutztierhaltern überhaupt nicht helfen werden, die um ihre Schafe, Rinder und anderen Tiere auf den Weiden fürchten. „Denn es ist ja ein Irrtum, dass alle Nutztiere in Zukunft besser vor dem Wolf geschützt sind, wenn die Raubtiere leichter abgeschossen werden dürfen“, sagt Friedel. Der Wolf bleibe weiter eine geschützte Art, Bund und Länder müssten auch in Zukunft Sorge dafür tragen, dass Raubtiere angemessene Lebensräume haben. Der beste Schutz der Weidetiere vor dem Wolf blieben deshalb auch in Zukunft Zäune und Herdenschutzhunde, sagt Friedel. „Wer den Nutztierhaltern was anderes suggeriert, führe sie in die Irre.“
Den Wölfen in Bayern ist der politische Streit herzlich egal. Das Veldensteiner Rudel etwa, das nach dem weitläufigen Forst in Oberfranken an der Grenze zur Oberpfalz benannt ist, in dem es zuerst aufgetreten ist, dürfte dieser Tage wieder Nachwuchs bekommen haben. Da sind sich Fachleute ziemlich sicher. Der Grund: Die Wölfin des Rudels hatte schon Anfang Mai ein ausgeprägtes Gesäuge, wie es nur Wölfinnen haben, die eben Junge geboren haben. So kann man es auf der Internetseite des LfU nachlesen. Das Veldensteiner Rudel hat sich vor inzwischen sieben Jahren gebildet und seither jedes Jahr Nachwuchs bekommen.