Süddeutsche Zeitung

Die Woche in Bayern:Ein Berg bescherte Franz Josef Strauß eine der schlimmsten Niederlagen

Auch sonst enden Wandertouren für Politiker nicht immer in purem Glück, Markus Söder sollte sich hüten. Was es sonst aus der bayerischen Politik zu berichten gibt - der Wochenrückblick.

Von Sebastian Beck

Der Einfluss von Wanderungen auf die bayerische Geschichte wird gemeinhin schwer unterschätzt. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass sich Ministerpräsident Markus Söder und der Grüne Ludwig Hartmann in ihrem Fernsehduell auf eine gemeinsame Tour geeinigt haben. Das Ziel steht noch nicht fest: Entweder geht es nach dem Willen von Söder und in den Steigerwald - mehr so eine Kinderwagenrunde. Oder Hartmann setzt sich durch und schleppt den Ministerpräsidenten ins Ammergebirge, zum Beispiel auf die Hochplatte, 2082 Meter.

Konditionell tendiert der Ministerpräsident in Richtung Landesvater. Deshalb ließ er sich im Sommer bei der Hauptalmbegehung mit seinen neuen Bergschuhen bis kurz unter die Hütte fahren. Oben posierte er dann als Bergfex unterm Gipfelkreuz. Eine sportliche Leistung war das nicht. Falls Hartmann so schnell geht wie er redet, könnte die geplante Tour für Söder ein unvergessliches, aber nicht unbedingt positives Erlebnis werden.

Sein politisches Vorbild Franz Josef Strauß erlitt in der Valepp am Tegernsee einst eine der schlimmsten Niederlagen seines Lebens: Er musste sich von Helmut Kohl auf den letzten 50 Metern unter dem Gipfel "buckelkrax" nehmen lassen, wie es auf Bairisch heißt. Jahrzehnte danach gab Kohl zu Protokoll: "Erst später ist mir der Gedanke gekommen, was eigentlich passiert wäre, wenn er mir runtergefallen wäre. Das hätte mir kein Mensch geglaubt." Strauß hatte bei den gemeinsamen Touren stets einen Revolver dabei, außerdem Butterbrote, die ihm seine Frau Marianne geschmiert hatte.

Auch Max Streibl, Straußens Nachfolger als Ministerpräsident, musste sich im Gebirg beweisen. Nachdem Zweifel an seiner Gesundheit aufgetaucht waren, lud er im August 1991 die Presse zur gemeinsamen Tour auf den Kofel (1342 Meter) bei Oberammergau. Hinter ihm stieg sein damaliger Innenminister Edmund Stoiber auf den Gipfel, wo er dann Interviews zum Asylrecht gab. Mei, ganz der Stoiber halt. Auf ein gemeinsames Seil verzichteten die beiden, was einerseits fahrlässig war, andererseits aber weise, weil es im Falle eines Falles nur den anderen alleine derbröselt hätte. Man könnte nun auch noch auf Alois Glück verweisen, der als CSU-Fraktionschef die untrainierte Landtagspresse die Berge raufscheuchte, das aber würde zu weit führen. Die Seilschaft Hartmann/Söder sollten sich jedenfalls im klaren darüber sein, dass Bergtouren etwas Schicksalhaftes umwabert.

Schade, dass damals kein Fotograf in der Nähe war, als sich Strauß auf dem Rücken von Kohl festklammerte. Das hätte ein schönes Motiv gegeben. Hartmann, der den Ministerpräsidenten Söder auf die Hochplatte trägt, wäre nicht minder geschichtsträchtig. Vielleicht sollten die beiden deshalb Kameras wie Journalisten, auch wenn es noch so schwer fällt, einfach daheim lassen. Ein gemeinsamer Eintrag ins Gipfelbuch würde schon reichen.

WAS IST LOS IN BAYERN?

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DAS KOMMT AUF UNS ZU

Jetzt, da der 16. Landtag seine Arbeit offiziell beendet hat, können sich die Parteien voll und ganz auf den Wahlkampf konzentrieren, die Termine sind dicht gesät. Die CSU wird wohl auch versuchen, die Vorstandssitzung am Montag in diesem Sinne zu nutzen und möglichst wenig Problemthemen aus Berlin und möglichst viel Erfreuliches aus Bayern zu verbreiten. Parteivorsitzender Horst Seehofer hat schon angekündigt, die Pressekonferenz Ministerpräsident Markus Söder zu überlassen.

Auch auf der Straße wird wieder Politik gemacht. So rufen das Netzwerk "Ausgehetzt" und das Bündnis "noPAG" am Mittwoch, dem Tag der Deutschen Einheit, zu einer weiteren Großdemonstration in München auf. Unter dem Motto "Jetzt gilt's - Gemeinsam gegen die Politik der Angst" soll ein Zeichen für Menschen- und Bürgerrechte gesetzt werden.

Auf ähnlich viele Teilnehmer hoffen zahlreiche Organisationen, die am Samstag ebenfalls in München mit dem Slogan "Mia ham's satt" für eine tiergerechte Landwirtschaft, Natur- und Klimaschutz demonstrieren wollen.

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