WM- und Olympiaprojekte:Garmischer Gratwanderung

Die Kritik wächst: Der geplante Aufstieg in die erste Liga der Wintersportorte treibt den Markt in eine gefährliche Verschuldung.

Heiner Effern

Bürgermeister Thomas Schmid ist keiner, der nur Zweiter sein will. Sehr deutlich hat er das vor der Kommunalwahl 2008 seinen Kritikern in der CSU gezeigt. Er verließ die Partei und demütigte diese mit seinem neu gegründeten Christlich Sozialen Bündnis. Seinen Durchsetzungswillen zeigte er auch bei der erfolgreichen Bewerbung um die alpine Ski-WM 2011, und in der laufenden Bewerbung für Olympia 2018 will er wieder punkten.

WM- und Olympiaprojekte: Garmisch-Partenkirchen: Großinvestitionen in WM- und Olympiaprojekte stoßen auf immer mehr Kritik.

Garmisch-Partenkirchen: Großinvestitionen in WM- und Olympiaprojekte stoßen auf immer mehr Kritik.

(Foto: Foto: dpa)

Für seinen Ehrgeiz, Garmisch-Partenkirchen international in die erste Liga der Wintersportorte zu führen, geht er volles Risiko ein. 60 Millionen Euro hat er in den letzten Jahren in den Wintersport investiert, wobei etwa 20 Millionen als Zuschuss zurückfließen. Durch seine enormen Investitionen hat Schmid aber den Ort gespalten und die Verschuldung in gefährliche Höhen getrieben.

Das Landratsamt als zuständige Rechtsaufsicht rechnet für das Jahr 2009 mit einer Gesamtverschuldung der Kommune von etwa 111 Millionen Euro. Davon entfallen 41,4 Millionen auf die Gemeinde selbst, 46,6 Millionen auf die privatisierten Gemeindewerke und 23 Millionen auf die Bayerische Zugspitzbahn (BZB) AG, die dem Markt gehört. Ob der Haushalt genehmigt werde, sei noch offen, heißt es im Landratsamt. Dabei ist das baulich desolate Kongresshaus nur mit Planungskosten berücksichtigt. Eine Sanierung oder ein Neubau steht an. Geschätzte Kosten: 60 Millionen Euro.

"Der Gemeindehaushalt steht auch in Zukunft auf sicheren Beinen", sagt Bürgermeister Schmid. Anders als seine Aufsichtsbehörde trennt er strikt zwischen den Schulden des Marktes und der Gemeindebetriebe. Die Schulden der Kommune würden trotz neuer Investitionen in Pisten und Lifte unter 40 Millionen Euro bleiben, sagt Schmid.

Die Tilgung der Kredite sei kein Problem. Und die Verbindlichkeiten der Eigenbetriebe seien normal. "Kein wirtschaftliches Unternehmen wird sich primär der Entschuldung widmen, sondern stets versuchen, ein Gleichgewicht aus nachhaltiger Investition und Schuldenabbau zu erreichen." Auch die Leiter der Gemeindewerke und der BZB halten das Addieren ihrer Verbindlichkeiten für falsch. Sie verweisen auf positive Jahresabschlüsse trotz der Tilgung ihrer Schulden.

Das Kongresszentrum hat der Bürgermeister allerdings aus dem Haushalt herausgehalten, weil eine solche Investition auch mit dem Verkauf von Immobilien im Wert von 20 Millionen Euro zwischen 2002 und 2008 auch für ihn unrealistisch ist. "Der Markt strebt eine Realisierung über Investoren oder PPP-Modelle an."

Sigrid Meierhofer, die Fraktionssprecherin der SPD im Gemeinderat, fürchtet, dass Schmid die Kommune in eine finanzielle Lähmung führt. Sie geht von mehr als 40 Millionen Euro Schulden zum Jahresende aus. "Wir haben keine Spielräume mehr." Sie erklärt das am Beispiel Kinderkrippen: Bis 2013 müsste Garmisch-Partenkirchen 67 neue Plätze aufbauen, um den staatlichen Vorgaben zu entsprechen. "Dafür sind im Investitionsprogramm bis 2012 genau 11000Euro eingeplant."

Genauso wie die Ausgabenpolitik ärgert sie auch der persönliche Stil des Bürgermeisters, der Kritik nicht ernst nehme. Einen Warnschuss erhielt er allerdings am 9. November 2008. Mit 72 Prozent wurde ein von ihm forcierter Standplatz für ein Luxus-Hotel in einem Bürgerentscheid abgelehnt. Zu den Initiatoren gehörte Heidemarie Trickl, die wegen ihrer offenen Kritik schon als "Schmid-Hasserin" gilt. "Schmid ist hier allmächtig. Über Wenn-Dann-Szenarien übt er enormen Druck aus", sagt sie. Es werde getuschelt und geredet, aber fast keiner leiste offen Widerstand gegen ihn. "Schmid geht es in erster Linie um die WM und Olympia, nicht um die Bürger."

Andere dagegen, wie der Garmischer IHK-Vorsitzende Gerhard Lutz, schätzen den Bürgermeister als "Macher". Natürlich habe Schmid riesige Schulden aufgetürmt. "Wir hatten aber keine andere Chance." Ob die Wiederbelebung des Tourismusgeschäftes klappe, könne keiner sagen. "In anderen Bereichen verlieren wir tendenziell Arbeitsplätze", sagt der IHK-Vorsitzende. Vor der Ski-WM 2011 müsse der Bürgermeister aber vor allem die verschiedenen Gruppen im Ort wieder zusammenführen.

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