Wirtschaft:Auf Holz geklopft

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Die Messe Holz-Handwerk, die im Zwei-Jahres-Rhythmus in Nürnberg stattfindet, ist inzwischen deutlich größer als die weit bekanntere Handwerksmesse in München. (Foto: Nürnberg-Messe/Heiko Stahl)

Die Nürnberger Messegesellschaft kauft drei große Handwerks-Ausstellungen in Indien. Und zu Hause will sie 700 Millionen Euro investieren

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Vorsichtshalber haben sie an den Straßen im weiten Umkreis Schilder aufstellen lassen, die auf eine "Großmesse" hinweisen und appellieren, man möge gar nicht erst mit dem Auto zum Messegelände fahren, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das kommt sehr selten vor, schließlich ist das Messegelände im Süden Nürnbergs über Straßen gut zu erreichen und es weist 13 000 Parkplätze auf. Doch in dieser Woche kommt das gesamte Areal an seine Grenzen wie nur sehr selten.

Nein, es ist nicht Spielwarenmesse, von der jeder schon einmal gehört hat und die Jahrzehnte lang die größte Messe in Nürnberg war. Es ist auch keine Biofach, die es längst von der Regionalschau zur Weltleitmesse für Ökoprodukte gebracht hat. Stattdessen öffnete am Mittwoch die Holz-Handwerk ihre Pforten. Sie ist inzwischen nicht nur größer als die weit bekanntere Handwerksmesse in München, sondern soll auch die Nürnberger Messegesellschaft in neue Sphären katapultieren helfen. Über den Umweg Indien.

Dort haben die Franken für einen zweistelligen Millionenbetrag drei Messen gekauft, auf denen Maschinen und andere Produkte zur Holzbe- und -verarbeitung gezeigt werden. Auf der Indiawood, der Delhiwood und der Mumbaiwood bieten etwa 1500 Aussteller den zuletzt 90 000 Fachbesuchern ihre Produkte an. Doch diese drei Messen wachsen rasant, allein die Indiawood legte gerade gemessen am Vorjahr bei den Ausstellern um 40 und den Besuchern um 20 Prozent zu. Das sei kein Wunder, sagt Bernhard Dirr, Geschäftsführer der Holzbearbeitungssparte im deutschen Maschinen- und Anlagenbauerverband VDMA. Was Holzbearbeitung angeht, sei "Indien gerade im Steilflug". Das Land sei "mit Sicherheit" auf dem Weg "zu einem der wichtigsten Abnehmerländer für Holzbearbeitungsmaschinen", sagt Dirr. Aktuell arbeiten 300 000 Menschen in der indischen Holz- und Möbelindustrie, deren Gesamtumsatz bei etwa 20 Milliarden Euro liegt. Tendenz steigend.

Nachdem viele Hersteller von Holzverarbeitungsmaschinen ihren Sitz in Deutschland haben und als technologisch führend gelten, ist die Branche den Nürnberger Messemachern entsprechend dankbar. Schließlich öffnen deren Übernahmen den Firmen das Tor nach Indien noch weiter als bisher schon. Seit fünf Jahren haben die Franken dort eine Tochtergesellschaft, die ein Dutzend Messen und andere Großveranstaltungen organisiert. Mit dem Zukauf steigt die Nürnberg-Messe zu einem der größten internationalen Messeveranstalter in dem Land auf. "Die Akquise wird uns unserem strategischen Ziel näherbringen, in die Top Ten der größten Messegesellschaften weltweit vorzudringen", sagt Geschäftsführer Peter Ottmann. Derzeit rangieren die Nürnberger auf Platz zwölf.

Nach der Gründung 1974 viele Jahre nur moderat am Wachsen, steuert die Nürnberg-Messe seit geraumer Zeit einen ambitionierten Expansionskurs. Finanziell unterstützt von den zwei Hauptgesellschaftern, dem Freistaat und der Stadt Nürnberg. Das gilt auch für den Heimatstandort, wie Ottmanns Geschäftsführerkollege Roland Fleck vorrechnet. "In den vergangenen 44 Jahren wurden etwa 900 Millionen Euro in das Nürnberger Messegelände investiert. In den kommenden zehn Jahren werden es zwischen 600 und 700 Millionen Euro sein." Geld, das nicht nur für Neubauten, sondern vor allem für die Modernisierung der 15 Hallen ausgegeben wird.

Allmählich jedoch stößt das Areal an seine Grenzen, wie diese Woche zeigt. Zur Holz-Handwerk werden an vier Tagen 110 000 Gäste erwartet, ausschließlich Fachbesucher, von Architekten über Fenster- und Fassadenbauer bis hin zu Schreinern, Technikern und anderen Handwerkern. Übers ganze Jahr liegt die Auslastung des Nürnberger Messegeländes im Durchschnitt bei mehr als 50 Prozent - ein Spitzenwert in der Branche.

Strategie der Nürnberger ist es aber, nicht in erster Linie am Heimatstandort zu expandieren, sondern Fachmessen in Zukunftsbranchen aufzubauen und dann zu exportieren. Die Biofach oder die Getränketechnikmesse Brau-Beviale gibt es beispielsweise inzwischen weltweit fünfmal. Nun soll die Holz-Handwerk dem Beispiel folgen. Die Erwartungen speziell an die drei indischen Ableger sind groß. "In dem Land leben 1,3 Milliarden Menschen, der Markt und der Mittelstand wachsen", argumentiert Fleck mit dem ökonomischen Potenzial. Sein Co-Geschäftsführer Ottmann sieht die Nürnberg-Messe nach fünf Jahren in Indien "fest etabliert". Nun aber starte sie dort gar "in eine neue Umlaufbahn".

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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