Klimawandel:Bayerns Seilbahnbetreiber setzen weiter auf Wintersport

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Weiße Pisten in grüner Umgebung - inzwischen kein seltenes Bild im bayerischen Winter. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Bei ihrer Jahrestagung im Garmischer Kongresshaus gibt sich die deutsche Seilbahn-Branche optimistisch – auch wenn nicht mehr alle Skipisten befahrbar sein werden.

Von Matthias Köpf, Garmisch-Partenkirchen

Bei ihrer Jahrestagung im Garmischer Kongresshaus gibt sich die deutsche Seilbahn-Branche optimistisch. „Lust auf Wintersport“ haben die 240 versammelten Seilbahner in diesem Herbst als Motto für ihre Außendarstellung gewählt – und diese Lust, sagt der neu gewählte Verbandsvorsitzende Henrik Volpert, die sei bei den Gästen einfach immer wieder da, sobald der Winter hereinbricht und der erste Schnee fällt. Nur fallen muss er halt, und das am besten natürlich. Denn großflächig künstlich beschneit wird über kurz oder lang wohl nicht mehr überall.

Im Kleinen wird sich diese Zukunft im bevorstehenden Winter nur 20 Kilometer vom Tagungsort entfernt besichtigen lassen: Am Kolben in Oberammergau sollen die Hänge von der Kolbensattelhütte hinunter ins Tal von dieser Saison an nicht mehr auf voller Breite als Skipiste befahrbar gemacht werden. Stattdessen wollen die privaten Eigentümer, die den Sessellift samt Hütte und Schneekanonen 2011 von der Gemeinde übernommen haben, dort nun eine Rodelbahn präparieren – bei Bedarf ebenfalls mit Kunstschnee, aber deutlich schmäler. Außerdem soll die schienengebundene Sommerrodelbahn „Alpine Coaster“ das ganze Jahr über in Betrieb bleiben, um das Wintergeschäft am Kolben zu sichern – denn das Geschäft mit dem Skifahren war wegen extrem wechselhafter Wetterbedingungen in den zurückliegenden Wintern ziemlich schlecht gelaufen.

Zumindest für den vergangenen Winter gilt das auch für die deutschen Seilbahnen insgesamt. Von 4,3 Millionen „Ersteintritten“ spricht der Seilbahnverband für den vergangenen Winter, ein Minus von 5,8 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der vorangegangenen drei Jahre. Es ist nicht sehr lange her, da hat die Branche diese „Ersteintritte“ noch „Skier Days“ genannt, also Skitage. Aber selbst die Bergbahnen in Oberstdorf, für die der neue Verbands-Chef Volpert hauptberuflich verantwortlich ist, verzeichnen nach seinen Worten auch im Winter jede Menge „Fußgänger“, also Fahrgäste ohne Ski an den Schuhen. Dennoch denke dort und auch bei den allermeisten anderen Bahnen derzeit niemand an ähnliche Konsequenzen wie am Jenner bei Berchtesgaden, wo die öffentlichen Skipisten im vergangenen Winter nur noch gegen sechsstellige Zahlungen der Gemeinde beschneit wurden und im bevorstehenden Winter mangels Nachfrage und Rentabilität gar nicht mehr.

Die Bahnbetreiber müssten auch im Winter auf „On-snow- und Off-snow-Angebote“ setzen, sie müssten das gerade in Deutschland oft ohnehin schon starke Sommerangebot ausbauen und bei all dem zeitlich flexibler werden, sagt Volpert. Denn selbst wenn es droben auf den Bergen im April eigentlich noch beste Skibedingungen gebe, dann bringe das wenig, wenn die Gäste längst mehr Lust aufs Mountainbiken hätten. „Unser Job ist ja, es den Gästen recht zu machen.“ Der flexible Übergang vom Winter- in den Sommerbetrieb ist allerdings deutlich leichter als andersherum, denn die ergiebigen Schneefälle vom September, die mit dem Starkregen im Flachland einhergingen, hätten zwar zeitweise leicht zum Skifahren gereicht, doch von den kleineren Schleppliften lagen da die meisten noch zerlegt im Lager.

Was den regulären Start in den Winter betrifft, so will die Bayerische Zugspitzbahn mit ihrem naturgegeben höchsten deutschen Skigebiet heuer am 1. Dezember loslegen – und könnte dieses Mal von der „Wintersport Arena Sauerland“ ausgestochen werden, die nach eigenen Angaben „die bedeutendste Wintersportregion nördlich der Alpen“ ist, vier Berge über 800 Metern erschließt und einen Tag eher als die Garmischer in den Winterbetrieb starten will. Volperts Bergbahnen in Oberstdorf und dem Kleinwalsertal folgen am 6. Dezember, der Rest später je nach Schneelage.

Die Skipässe werden im Schnitt um 2,5 bis drei Prozent teuer als im vorherigen Winter, was zumindest aus Sicht der Bahnbetreiber ein „moderater“ Anstieg ist. Speziell die bayerischen Skigebiete seien im Vergleich zur Konkurrenz etwa in Salzburg und Tirol nicht nur besonders günstig, sondern auch besonders nachhaltig. Denn die menschengemachte Erderwärmung mag zuallererst die Existenz des hiesigen Skitourismus bedrohen. Sein eigener Beitrag zur Klimakrise ist laut den Statistiken des Seilbahnverbands aber gar nicht so groß.

Die immer schon elektrisch betriebenen Seilbahnen seien „Pioniere der E-Mobilität“ und verbrauchten einschließlich der ganzen Schneekanonen und Beschneiungslanzen in einem ganzen Winter nur ein Hundertstel der Strommenge, die binnen eines halben Jahres durch den Stand-by-Betrieb vom Elektrogeräten in deutschen Haushalten verloren gehe. So lautet eine besonders beliebte Rechnung der Betreiber. Zugleich entstehen mehr als drei Viertel der CO₂-Emissionen eines jedes Skitags aber gar nicht durch die Anlagen am Berg, sondern durch die An- und Abreise der Gäste, weshalb die Seilbahner auf Skibusse und auf Kombitickets mit öffentlichen Verkehrsmitteln setzen.

Zugleich versuchen die Betreiber der deutschlandweit 207 Seilbahnen und mehr als 1200 Schlepplifte schon aus Imagegründen, möglichst viel regenerative Energie zu nutzen oder ihren Strom am besten selbst zu erzeugen – gern mit Solarzellen auf ihren Dächern, inzwischen aber auch mit anderen Ideen. Karl Dirnhofer, Technischer Leiter der Zugspitzbahn und neuer Vize im Seilbahnverband, erwartet derzeit die Lieferung einer Turbine, mit der die Zugspitzbahn aus einem Speicherteich für die Schneekanonen am Kreuzeck sommers ein Wasserkraftwerk machen will. Dieser im Winter von unten mithilfe von Pumpen gefüllte Speicherteich soll im Sommer aus anderweitig nicht mehr genutzten Quellen am Berg volllaufen. Daraus soll das Wasser dann durch die vorhandenen Pumpleitungen über rund 500 Meter hinunter ins Tal und dort durch die Turbine strömen. Übers Jahr gerechnet könne man womöglich die ganze Kreuzeckbahn mit dem so erzeugten Strom betreiben.

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