Winterklausuren gesichert:CSU bleibt wohl doch in Kreuth

Hanns-Seidel-Stiftung beendet Mietvertrag Wildbad Kreuth

Im Umbruch:Die Eigentümerin Helene Herzogin in Bayern will das ehemalige Sanatorium in Wildbad Kreuth wohl zum Tagungshotel umbauen.

(Foto: Hanns-Seidel-Stiftung/obs)
  • Die CSU könnte auch über das Jahr 2016 hinaus seine Winterklausuren in Wildbad Kreuth abhalten.
  • Eigentümerin Helene Herzogin in Bayern will das frühere Sanatorium zu einem Tagungshotel umbauen.
  • Für die Partei ist Kreuth von großer Bedeutung.

Von Wolfgang Wittl

Politiker in idyllischer Berglandschaft, dazu weiß-blauer Himmel: Die Macht solcher Bilder kann überwältigend sein, wer wüsste das besser als Dietmar Müller-Elmau. Der Hotelier war Anfang Juni Gastgeber für den G-7-Gipfel. Was in den Wochen danach folgte, hatte er sich so allerdings nicht vorstellen können: "Wir wurden von Tagesbesuchern überschwemmt." Das Problem dabei: Es handelte sich nicht um zahlende Kundschaft, sondern um Schaulustige, die sehen wollten, wo Barack Obama und Angela Merkel über die Herausforderungen der Welt verhandelt hatten. Die Gäste im Schlosshotel Elmau fühlten sich eher belästigt. Ein zwiespältiges Erfolgserlebnis also.

Für die CSU kann die Aufmerksamkeit in der Bergwelt gar nicht groß genug sein. Seit vier Jahrzehnten beliefert sie die Republik jeden Winter vor verschneiter Alpenkulisse mit ihren Botschaften: Während andere noch den Weihnachtsfrieden auf sich wirken lassen, reitet die CSU von Wildbad Kreuth aus bereits die ersten politischen Attacken des jungen Jahres - dankbar aufgegriffen von allen Medien. Entsprechend groß war daher das Entsetzen in der Partei, dass es mit dem Alleinstellungsmerkmal vorbei sein soll. Aber ist es das wirklich?

Die CSU macht kostenlose Werbung für das Tagungshotel

Mitte Juli hatte die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beschlossen, dass sie den seit Mitte der Siebzigerjahre bestehenden Pachtvertrag mit dem Hause Wittelsbach nicht verlängern wird. Zu kostspielig seien die neuen Konditionen der Eigentümerin Helene Herzogin in Bayern. Die Hanns-Seidel-Stiftung, bei der sich die CSU-Landesgruppe im Bundestag und die Landtagsfraktion für ihre Winterklausuren stets eingemietet hatten, wird ausziehen, so viel steht fest. Für die CSU wird es an diesem für sie legendären Ort nun aber offenbar doch weitergehen.

Helene in Bayern soll fest entschlossen sein, das frühere Sanatorium am Tegernsee zu einem Tagungshotel umzufunktionieren. Allerdings will die Herzogin das Haus dann nicht selbst bewirtschaften, sondern einem Betreiber überlassen. Es bestehe von mehreren Seiten ein großes Interesse an dem Projekt, bestätigt ihr Anwalt Christian Nunn, die Gespräche würden sich bereits konkretisieren.

"Ein Tagungshotel wäre wohl die beste Nutzung für das Gebäude", sagt Nunn. Und was würde einem Hotel an diesem Standort mehr helfen, als dass die CSU dort weiter ihre Klausuren abhielte? Bundesweit ausgestrahlte Fernsehbilder, tagelang Fotos in allen möglichen Zeitungen - eine bessere Werbung wäre nicht denkbar.

Warum Kreuth so wichtig ist für die CSU

In der CSU spricht man deshalb von einer "Win-win-Situation" für alle Beteiligten. In der Partei hatte ohnehin niemand Interesse an einem Abschied aus Kreuth: Hier war es, wo Franz Josef Strauß 1976 den Trennungsbeschluss verkündete, mit dem die CSU vorübergehend ihre Fraktionsgemeinschaft mit der CDU aufkündigte und sich in ganz Deutschland ausbreiten wollte. Hier hat die Fraktion 2007 den allmächtig scheinenden Edmund Stoiber gestürzt - und wäre daran beinahe selbst zugrunde gegangen.

Mit keinem anderen Ort sind Selbstbewusstsein und Widersprüchlichkeiten der CSU mehr verbunden als mit Kreuth. Parteichef Horst Seehofer persönlich soll sich während der Verhandlungen der Hanns-Seidel-Stiftung mit den Wittelsbachern eingeschaltet haben, ob es nicht doch eine Zukunft in Kreuth gebe.

Nun wiederum soll das Herzogshaus auf die CSU zugegangen sein. Es zeichne sich ab, dass sich die Landesgruppe und Fraktion in dem Hotel künftig zwar zu etwas höheren, aber immer noch erschwinglichen Preisen einmieten könnten, ist in der Partei zu vernehmen. In ein paar Wochen würden die Gespräche endgültig abgeschlossen sein.

Die Suche nach einer Alternative gestaltet sich schwierig

Der Vertrag der HSS in Kreuth endet im kommenden März, für diesen Winter hat sich Angela Merkel zu Besuch angekündigt. Doch sollte es in Kreuth wider Erwarten nicht über 2016 hinaus weitergehen, gibt es in der CSU Überlegungen, sofort einen Schlussstrich zu ziehen. Anstatt sich wehmütig dem Abschiedsschmerz hinzugeben, will man lieber in einem neuen Domizil frischen Schwung demonstrieren. Es sei sinnvoll, sich gleich an einem Ort mit längerfristiger Perspektive zu präsentieren, sagt ein Sprecher der Landesgruppe. Überdies hätte die HSS weniger Stress und könnte früher mit ihrem Auszug beginnen.

Doch die Suche nach einer Alternative gestaltet sich schwierig. Auch über das Schlosshotel Elmau wurde diskutiert, der Gedanke jedoch bereits wieder verworfen. Dieser exklusive Ort sei für eine Volkspartei nicht angemessen, fand mancher. Die CSU stehe eher für die Leberkäs- denn Kaviar-Etage, das habe schon ihr Übervater Strauß gesagt. Eine Anfrage sei bei ihm gar nicht erst eingegangen, bestätigt Hotelier Müller-Elmau, zumal er für Ferienzeiten grundsätzlich keine Tagungen annehme. Der G-7-Gipfel habe seinem neuen Hotel "eine fantastische Auslastung" beschert.

Das Anforderungsprofil für die CSU ist klar: Da die schönen Herbstbilder bereits im fränkischen Kloster Banz produziert werden, muss es im Winter ein Ort im Süden Bayerns sein. Das Gebäude in Kreuth wird umfangreich renoviert werden müssen. Ob es bereits 2017 wieder nutzbar wäre, hängt von den Planungen der Eigentümerin und von den Auflagen der Ämter ab. Doch eines habe die Suche gezeigt: Ein besseres Domizil als das bisherige werde man kaum finden, sagen CSU-Leute. Der Mythos Kreuth, er wird wohl weiterleben.

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