Winterklausur der Freien Wähler:Der Königsmacher verteilt Zensuren

Hubert Aiwanger ahnt, dass 2013 ohne seine Freien Wähler nicht regiert werden kann - aus dieser Position der Stärke heraus attackiert er CSU und SPD.

Frank Müller, Christian Sebald und Mike Szymanski

Zum Auftakt der Winterklausur seiner Landtagsfraktion an diesem Mittwoch in Augsburg hat der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger CSU und SPD scharf angegriffen. "Egal ob CSU oder SPD, keiner weiß, woran er bei den beiden Parteien ist", sagte Aiwanger. "Zum Beispiel bei der Gewerbesteuer, da ist die CSU mal für die Abschaffung, mal für den Erhalt, bei der Rente mit 67 ist es nicht anders."

Hubert Aiwanger FW in Gillamoos 2011

Ein Prosit auf...? Noch wissen wir nicht, mit wem Hubert Aiwanger nach der Landtagswahl 2013 anstoßen wird. Er selbst gibt sich gelassen.

(Foto: SEYBOLDT4MEDIA)

Auch die SPD attackierte Aiwanger heftig. "Die sollen erst einmal ihre Position zur dritten Startbahn am Münchner Flughafen klären, statt immer nur eine Koalitionsaussage von uns für die Zeit nach 2013 zu wollen", erklärte Aiwanger. Zugleich betonte er, dass er und seine Abgeordneten "strikt an unserer Sachpolitik festhalten wollen - ob es nun um den ländlichen Raum, die Schulpolitik oder all die anderen Themen geht, die den Leuten auf den Nägeln brennen".

Beflügelt fühlen sich die Freien Wähler dabei von den aktuellen Meinungsumfragen. Danach käme die CSU derzeit auf 43 oder 44 Prozent. Damit sie an der Regierung bleiben könnte, wäre sie höchstwahrscheinlich auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die FDP scheidet dafür aus - zumindest nach jetzigem Stand. Mit zwei oder drei Prozent der Stimmen würde sie aus dem Landtag fliegen. Der CSU bliebe also eine große Koalition oder ein Bündnis mit den Freien Wählern, die auf acht respektive neun Prozent kämen. Ein Bündnis CSU/FW würden immerhin 40 Prozent der Wähler befürworten. Eine Dreier-Koalition aus SPD, Grünen und Freien Wählern halten nur 32 Prozent für eine gute Option.

Es sind vor allem die beiden letzten Zahlen, die Aiwanger und seine Freien Wähler in eine höchst komfortable Lage versetzen. Nicht nur, dass ein Bündnis der FW mit der CSU eine deutlich höhere Akzeptanz bei den Wählern hätte als eines mit SPD und Grünen. Für Aiwanger sind die Zahlen auch die eindeutige Bestätigung dafür, dass es völlig richtig ist, jede Aussage zu seiner Wunschkoalition nach 2013 zu vermeiden. "Deshalb werden wir das auch weiter so halten", sagt er. "Wir werden unsere Entscheidung ausschließlich davon abhängig machen, mit wem wir die meisten unserer Positionen durchsetzen können."

Nur ein einziges Mal, in einem Interview mit der SZ, hat Aiwanger eine leichte Präferenz für SPD und Grüne erkennen lassen. Der Grund dafür - so sehen das nicht nur viele FW-Abgeordnete, sondern auch Kommunalpolitiker der Freien -, dürfte die "Arroganz der CSU" sein. Gerade FW-Bürgermeister und Gemeinderäte beklagen sich nach wie vor bitter darüber, dass CSU-Politiker sie seit vielen Jahren mit "schierer Missachtung strafen", wenn es etwa um die Einweihung neuer Straßen geht. "Die kapieren einfach nicht, dass wir nicht weniger konservativ und bürgerlich sind als sie", sagt ein FWler. "Die tun immer noch so, als hätten sie ihre Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag und könnten auch ohne uns auskommen."

Wie auch immer, seit Mitte Dezember verschärft die CSU ihre Angriffe auf den FW-Chef. Nach dem SZ-Interview mit Aiwanger forderte CSU-Chef Horst Seehofer in einer Vorstandssitzung seiner Partei dazu auf, den FW-Chef stärker in den Fokus der politischen Auseinandersetzung zu rücken - seither wird die Wortwahl aggressiver. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf Aiwanger "politischen Dilettantismus vor" und nannte ihn "Politclown". CSU-Grundsatzkommissionschef Manfred Weber erklärte, dass Aiwanger die Freien Wähler mit seinem Kurs kaputt mache: "Populismus statt Sachantwort, das ist Aiwanger."

Es gibt aber auch Leute in der CSU, die wie der frühere Parteichef Erwin Huber sagen, mit ihrem jetzigen Kurs treibe die CSU die Freien Wähler regelrecht in die Arme der Opposition. Huber appelliert daher, pfleglicher mit Aiwanger umzugehen. Vielleicht brauche man die Freien 2013 als Koalitionspartner. Seehofer denkt offenbar anders. Er pokert hoch. Wenn es 2013 zum Schwur komme, werde Aiwanger schon von alleine auf die CSU zukommen. In einer Zweierkoalition werde mehr für ihn und die Freien Wähler drin sein als in einem Dreibündnis mit SPD und Grünen - Seehofer setzt darauf, dass Aiwanger solchen Verlockungen erliegt.

Die Grünen werten die aktuellen CSU-Angriffe dagegen als Zeichen von "Orientierungslosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Nervosität". Seehofer gelinge es nur noch, "Strohfeuerchen" abzubrennen, sagte die Chefin der Landtags-Grünen, Margarete Bause: "Schwarz-Gelb ist am Ende." Aiwanger sieht das nicht anders. "Das ist alles Wahlkampfgetöse", sagt er zu den Attacken von Dobrindt und Weber. "Das perlt an mir ab." Und zu den Bündnis-Spekulationen sagt er nur: "Falls wir Freie wirklich die Wahl zwischen CSU auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite haben, lassen wir die Delegierten abstimmen."

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