Windsurfen am Starnberger See:"Das ist einfach nur traurig"

Lesezeit: 3 Min.

Seinen Trainingsstützpunkt in Ambach vermisst der Windsurf-Weltmeister Frank Spöttel noch immer. (Foto: privat/oh)

Vor drei Jahren haben die neuen Betreiber des Campingplatzes Ambach dem Windsurfing Club Starnberger See gekündigt. Damit verlor der mehrmalige Weltmeister Frank Spöttel sein Trainingsgelände - und ist immer noch sauer.

Von Benjamin Engel, Münsing

Er gehört zu den traditionsreichsten Vereinen in Deutschland: der Windsurfing Club Starnberger See (WCST). Und er stellt mit Frank Spöttel den aktuellen Weltmeister der Raceboard-Klasse in der Altersgruppe Ü60. Trotzdem muss der Club eine Flaute durchstehen. Vor drei Jahren lief der Vertrag für den Pachtgrund auf dem Campingplatz Starnberger See nördlich des Ambacher Erholungsgeländes aus. Damals wurden die Mitglieder heimatlos, viele von ihnen gingen. Zugleich verlor Windsurf-Ass Spöttel seinen lokalen Trainingsstützpunkt am Ostufer des Sees, was den Mittsechziger immer noch ärgert.

"Wir feiern heuer unser 50-jähriges Jubiläum und sind damals einfach gekündigt worden", sagt er, nachdem er gerade von ein paar Surftagen am Gardasee zurückgekehrt ist. "Das ist einfach nur traurig." Das Clubgelände am Ostufer war für ihn ein idealer Trainingsort. Ganz nahe habe er parken und seine Ausrüstung bequem wenige Meter bis ans Seeufer transportieren können, erzählt er. Auch sei in der Hütte auf dem Gelände immer Werkzeug griffbereit gelegen. Anderswo am Starnberger See existiere kein vergleichbarer Platz, der so gut erreichbar sei und bessere Windbedingungen habe.

Alternative Trainingsplätze rund um den See gibt es für Spöttel nicht

Am gegenüberliegenden Westufer des Starnberger Sees gibt es etwa das Badegelände "Paradies" bei Possenhofen. Doch die Parkplätze seien ein paar hundert Meter vom Wasser entfernt - zu weit, um das sperrige Trainingsmaterial gut transportieren zu können, sagt Spöttel. "Das Segel für die Raceboard-Klasse hat allein 9,5 Quadratmeter." Im Perchaer Erholungsgelände am Nordostufer des Sees sei der Weg zwischen Parkplatz und Ufer zwar kürzer, dafür die Windverhältnisse seien wegen der geringeren Gewässerbreite jedoch viel schlechter als in Ambach.

Der WCST hat inzwischen einen Großteil seiner Mitglieder verloren, weil die Verantwortlichen seit dem Auslaufen des Pachtvertrags kein alternatives und bezahlbares Gelände am See mehr gefunden haben. "Wir waren 110 Mitglieder, jetzt sind wir noch 34", sagt der Vorsitzende Lothar Wittmann. Mit dem benachbarten Verein der Segelfreunde Starnberger See, dem die Campingplatz-Betreiber Ende 2022 gekündigt hätten, habe sich der WCST eine Hütte geteilt. Auf dem Gelände lagerten Mitglieder Segelboote und Stand-Up-Paddle-Boards, so Wittmann. Ohne festen Standort dafür sei der WCST entsprechend unattraktiver. Darum sei es kaum verwunderlich, dass viele ausgetreten seien.

"Wir sind ein kleines Häuflein, das immerhin noch unsere Regatta hochhält", berichtet Wittmann. Damit meint er den Bayern-Pokal für Windsurfer, den sein Club diesmal am 8. und 9. Juni organisiert. Allerdings muss der WCST dafür auf das Gelände der Segelabteilung vom FC Seeshaupt ganz am Südende des Starnberger Sees ausweichen.

Frank Spöttel vor dem früheren Vereinsgelände in Ambach. (Foto: Privat/oh)

Frank Spöttel bleibt momentan nichts anderes übrig, als an den Ammersee auszuweichen, wenn er wohnortnah trainieren will. "Das ist aber mit unserem Clubgelände nicht vergleichbar", bedauert er. Dass die neuen Betreiber am Campingplatz Ambach den Vertrag aufgekündigt haben, ist für ihn selbst nach drei Jahren noch unverständlich. Andernorts würden Vereine unterstützt, damit sie weiter unter guten Bedingungen existieren könnten. Aus Sicht der Campingplatz-Betreiber sei es aber finanziell attraktiver, mehr Platz zu haben, um an Tagesgäste zu vermieten, meint Spöttel.

Für die Campingplatz-Pächter glich das Clubgelände nur noch einem billigen Lagerplatz

Auf dem Campingplatz-Gelände in Ambach sind Sandra und Henning Dürr aus München seit Mitte 2018 die neuen Betreiber. Das Paar modernisierte und strukturierte den Platz um, damit der Aufenthalt für Touristen attraktiver wird, was insbesondere einige Dauercamper teils heftig kritisierten. Wenn er vernimmt, dass Spöttel immer noch beklagt, sein Trainingsgelände zum Windsurfen verloren zu haben, wirkt Henning Dürr am Telefon fast erstaunt. "Er kann gerne zu uns kommen und hier surfen", sagt er. Für ihn habe das WCST-Gelände aber zuletzt mehr einer Badestelle und einem günstigen Bootslagerplatz für die Mitglieder geglichen. "Mit Windsurfen hatte das nichts zu tun", sagt Dürr. "Da waren viele nicht mehr benutzte Segelboote." Und die sind seiner Darstellung nach teils völlig vergammelt und verrottet gewesen. Ein Anblick, der ihm und seiner Frau ganz und gar nicht gefalle habe, wie er sagt.

2018 übernahmen Henning und Sandra Dürr den Campingplatz Ambach und modernisierten des Gelände. (Foto: Hartmut Pöstges)

Einen Kommentar dazu will Windsurfer Spöttel nicht abgeben. "Was sollst da sagen", antwortet er auf Nachfrage. Er gibt allerdings zu bedenken, dass zu der Zeit, als der Pachtvertrag mit dem WCST gekündigt worden sei, pandemiebedingt kein normales Club-Leben möglich gewesen sei. Und natürlich habe es Mitglieder gegeben, die altersbedingt nicht mehr segeln konnten.

Inzwischen hat Spöttel die Lust verloren, zum Surftraining nach Ambach zurückzukehren. Nur am 12. Juli wird er in den nahe gelegenen Landgasthof Huber in Ambach kommen, um das 50-jährige Bestehen seines WCST mitzufeiern. Dieser ist laut Homepage der zweitälteste Windsurfing Club Deutschlands. Unter den 24 Gründungsmitgliedern finden sich Barone und Grafen, der vor wenigen Jahren gestorbene VW-Manager Ferdinand Piëch sowie Marlene Porsche. Heute ist der im Ambacher Erholungsgelände platzierte Käfig zum Lagern von Surfbrettern das letzte Überbleibsel aus der Standorthistorie des WCST.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: