Alternative Energie:Verfassungsgerichtshof prüft Abstandsgesetz von Windrädern

Windrad ragt aus dem Nebel

Ein Windrad bei Hettstadt (Bayern) ragt aus dem Nebel.

(Foto: dpa)
  • Der Bayerische Verfassungsgerichtshof prüft am 12. April das umstrittene Abstandsgesetz von Windrädern.
  • Die sogenannte 10H-Formel besagt, dass der Abstand eines Windrads zur nächsten Ortschaft das Zehnfache seiner Höhe betragen muss.
  • Seit das Gesetz im November 2014 in Kraft trat, ist der Ausbau der Windkraft nahezu zum Erliegen gekommen.

Von Christian Sebald

Der 12. April wird ein spannender Tag für die Energiewende in Bayern. Dann verhandelt der Bayerische Verfassungsgerichtshof über das umstrittene 10-H-Gesetz der Staatsregierung. Dabei geht es um nichts weniger als um die Zukunft der Windkraft in Bayern. Seit das Gesetz am 20. November 2014 in Kraft trat, ist der Ausbau der Windkraft zum Erliegen gekommen.

Die Landtagsopposition und eine Klagegemeinschaft um den früheren Grünen-Bundestagabgeordneten Hans-Josef Fell wollen es nun zu Fall bringen. "Es ist höchste Zeit, dass in der Sache entschieden wird", sagt Fell. "Die Energiewende wurde durch 10H jäh abgebremst."

Was Seehofer mit der 10H Formel bezweckt

10H ist die Formel, mit der Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU den Streit um die Windkraft in Bayern entschieden haben. Danach werden Windräder nur noch dann genehmigt, wenn ihr Abstand zur nächsten Ortschaft das Zehnfache ihrer Höhe beträgt. Bei 200 Meter hohen Windrädern, wie sie technischer Standard sind, sind das zwei Kilometer. Vormals waren 800 bis 1000 Meter Abstand die Regel. Mit dem bayerischen Weg wollten Seehofer und Co "unsere bayerische Heimat vor ihrer Verspargelung bewahren", wie sie stets betonten. Damit schlugen sie sich auf die Seite der Windkraft-Gegner, die eben dies befürchteten.

Die Windkraft-Fans - unter ihnen auch viele CSU-Politiker, die sich das aber nicht laut zu sagen trauen - wollten sich von Anbeginn an nicht mit 10H abfinden. Für sie ist die Windenergie die effizienteste Erneuerbare Energie, die auch in Bayern ein großes Potenzial hat.

Ausbau der Windkraft kam durch das Gesetz nahezu zum Erliegen

Die bisherigen Ausbauzahlen geben ihnen recht. 2015 wurden 148 Windräder mit einer Gesamtleistung von 372 Megawatt aufgestellt. Zum Jahresende 2015 drehten sich damit 937 Windräder mit 1892 Megawatt Gesamtleistung im Freistaat. Rein rechnerisch ist das gut eineinhalb Mal so viel Leistung wie das inzwischen abgeschaltete Atomkraftwerk Grafenrheinfeld hatte.

Mit dem Inkrafttreten des 10-H-Gesetz wurde der weitere Ausbau abrupt gestoppt. So wurden 2015 an den Landratsämtern nur noch 25 Anträge für neue Windräder eingereicht - in ganz Bayern. Die vormalige Aufbruchsstimmung in der Branche ist tiefer Depression gewichen.

Die Kläger vor dem Verfassungsgerichtshof wollen sich damit nicht abfinden. Sie werfen der Staatsregierung vor, mit 10H ihre gesetzgeberischen Spielräume weit überzogen zu haben. Statt einen Ausgleich zwischen Anwohnern und Windrad-Betreibern zu schaffen, "hat sie ein reines Windkraft-Verhinderungsgesetz erlassen", wie der Grünen-Abgeordnete Martin Stümpfig sagt. "Das darf nicht sein." Bei aller Sympathie für die Anwohner müsse die Staatsregierung auch der Windkraft-Branche ausreichend Möglichkeiten für Projekte geben. Stümpfig: "Deshalb muss der 10-H-Unfug jetzt weg."

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