Wende im Strauß-Prozess:Der Überraschungszeuge

Paukenschlag im Steuerprozess gegen Max Strauß: Wie aus dem Nichts ist ein unbekannter Zeuge aufgetaucht, der den Angeklagten entlastet.

Hans Holzhaider

Im Steuerprozess gegen Max Strauß, den ältesten Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, deutet sich eine sensationelle Wende an.

Am Mittwoch sagte ein bisher in diesem Verfahren völlig unbekannter Zeuge aus, er habe Kenntnis darüber, dass der Lobbyist Karlheinz Schreiber im Sommer 1988 ein Konto eingerichtet habe, von dessen Einlagen er Franz Josef Strauß für die Verluste entschädigen wollte, die der Familie Strauß durch ein von Schreiber vermitteltes Immobiliengeschäft in Kanada entstanden waren.

Kurz nach dem Tod von Franz Josef Strauß habe Schreiber ihm dann mitgeteilt, er fühle sich jetzt zu keinen Zahlungen an die Familie Strauß mehr verpflichtet und werde das Konto für eigene Zwecke weiter benutzen. Schreiber, so der Zeuge, habe ihn eindringlich gebeten, Max Strauß nichts von der Existenz dieses Kontos zu erzählen.

Wenn sich diese Aussage als wahr erwiese, wäre Max Strauß in einem wesentlichen Punkt entlastet. Er hatte immer erklärt, von der Existenz eines Kontos mit der Tarnbezeichnung "Maxwell'', auf dem Schreiber angeblich für Max Strauß bestimmte Provisionszahlungen gebunkert hatte, nichts zu wissen.

Wie vom Donner gerührt

Von der Geschichte, die der 75-jährige Industriekaufmann Siegfried F. aus Neckarbischofsheim erzählte, waren alle Prozessbeteiligten offensichtlich wie vom Donner gerührt. Im Juni oder Juli 1988, berichtete F., habe er im Hotel Baur au Lac in Zürich ein Gespräch zwischen dem früheren Vorstandsvorsitzenden der DSL-Bank, Gerhard Tobeschat, und Karlheinz Schreiber mit angehört.

Schreiber habe Tobeschat gebeten, ihm bei der Einrichtung eines Kontos behilflich zu sein. Er müsse, so Schreiber, einen Schaden in Millionenhöhe bei der Familie Strauß wieder gutmachen, damit es ihm nicht wie dem früheren bayerischen Landesbankchef Ludwig Huber ergehe. Huber hatte im Januar 1988 nach einem Zerwürfnis mit Strauß sein Amt niederlegen müssen.

Wenige Tage nach dem Tod des bayerischen Ministerpräsidenten habe ihn Schreiber angerufen und erklärt, die Zahlungen an Strauß hätten sich jetzt erübrigt, sagte der Zeuge. Er fühle sich lediglich Franz Josef Strauß selbst, nicht aber dessen Familie verpflichtet.

Schreiber habe sich besorgt gezeigt, dass der Inhalt des Gesprächs in Zürich bekannt werden könne. Insbesondere Max Strauß dürfe auf keinen Fall etwas von der Existenz des Kontos erfahren. Er habe Schreiber etwas später im Hotel Bayerischer Hof in München getroffen, sagte der Zeuge weiter. Schreiber habe bei diesem Treffen sinngemäß gesagt, wenn Strauß ein paar Tage früher gestorben wäre, hätte er, Schreiber, sich die Mühe mit dem Konto sparen können. Das sei aber nicht so schlimm, weil er das Konto jetzt für andere, eigene Zwecke benutzen könne.

Anfang Juli 2004, wenige Tage vor dem Ende des ersten Prozesses gegen Max Strauß, habe er sein Wissen über diese Vorgänge telefonisch dem damaligen Verteidiger von Max Strauß, Wolfgang Dingfelder berichtet. Dingfelder habe erklärt, er stehe unter starkem Zeitdruck, weil er neue, wichtige Unterlagen erhalten habe und deshalb über Nacht noch einen wichtigen Schriftsatz verfassen müsse.

Am 15. Juli 2004 wurde Max Strauß wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, ohne dass der überraschend aufgetauchte Zeuge vor Gericht aufgetreten wäre.

Später im Jahr 2004 habe er dann einen Anruf des Münchner Rechtsanwalts Hermann Mayer erhalten, berichtete der Zeuge. Mayer, ein langjähriger persönlicher Freund vom Max Strauß, habe ihn gebeten, sein Wissen in einer eidesstattlichen Erklärung niederzulegen. Dies habe er am 27. Januar 2005 bei einem Münchner Notar getan.

Dabei sei, neben Mayer, auch Franz Georg Strauß, der jüngere Bruder des Angeklagten, anwesend gewesen. Franz Georg, der am Mittwoch Vormittag als Zeuge geladen war und vier Stunden lang aussagte, hatte diesen Vorgang bisher mit keiner Silbe erwähnt.

Staatsanwaltschaft und Gericht zeigten sich äußerst misstrauisch. Die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft erklärte unverblümt, sie halte die eidesstattliche Erklärung des Zeugen für unwahr. Der Vorsitzende Richter Manfred Prexl forderte den Zeugen mehrmals mit großem Nachdruck auf, seine Aussage zu überdenken. Siegfried F. beharrte aber ebenso nachdrücklich darauf, dass jedes Wort wahr sei.

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