Weißenburg in Mittelfranken:Staatsanwalt ermittelt gegen Linken-Politiker

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Er soll Polizisten geschlagen und ihnen gedroht haben, nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung und Beleidigung gegen den Linken-Politiker Erkan D. aus Weißenburg. Auf der Kirchweih hatte er wohl zu tief ins Glas geschaut.

Von Uwe Ritzer, Weißenburg

Kaum eine Woche vergeht, in der sich der bayerische Linken-Politiker Erkan D., 33, nicht mehrmals öffentlich zu Wort meldet. Das Freihandelsabkommen mit den USA, die bayerische Flüchtlingspolitik, Waffenexporte, sozialer Wohnungsbau, Umtriebe von Neonazis, der Kampf der Kurden gegen Islamisten, der Weltfriede - Erkan D. hat zu vielem etwas zu sagen.

Schließlich ist er Landesvorstandsmitglied der Linken, hauptamtlicher Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten und bayerischen Parteichefin Eva Bulling-Schröter, sowie Stadt- und Kreisrat. Nun allerdings erhält das Bild vom aufrechten Kämpfer für die Schwachen und Friedliebenden Risse. Erkan D. selbst drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Er soll einen Polizisten geschlagen haben

Der Politiker soll randaliert und einen Polizisten geschlagen haben. Mitte August auf einer Kirchweih im mittelfränkischen Weißenburg. Weil das Wachpersonal ihm den Zutritt in ein bereits überfülltes Weinzelt verweigerte, soll er die Securities nach Angaben von Zeugen wüst beschimpft haben. Als "Volldeppen", die offensichtlich nicht wüssten, wie wichtig er als Stadtrat sei. Demgegenüber soll er einen der Wachleute als "Dreck" bezeichnet haben. Die Securities riefen die Polizei.

Die Beamten schickten den alkoholisierten Politiker nach Hause. Zeugen sagten später aus, die Beamten hätten sehr ruhig und deeskalierend reagiert. Erkan D. räumte immerhin ein, sein "größter Fehler" sei es gewesen, diesem Platzverweis nicht gefolgt zu sein. Stattdessen eskalierte die Situation. Im Polizeibericht hieß es tags darauf, er habe die Beamten beleidigt, tätlich angegriffen, einen von ihnen "unvermittelt ins Gesicht geschlagen" und sich mit aller Gewalt der Festnahme, sowie eine späteren Blutentnahme widersetzt. Mehrere Beamte waren nötig, um ihn zu bändigen.

Nun kommt es auf bayerischen Volksfesten öfter vor, dass Betrunkene randalieren und ausfällig werden. Man könnte den Fall womöglich als Provinzposse abtun, wäre die ganze Angelegenheit im Anschluss nicht hochgekocht. Das tat sie, nachdem Erkan D. sich schon wenige Stunden danach zum Opfer von Polizeiwillkür und -gewalt ausrief - und das auch noch auf der Internetseite seiner Partei.

Es sei zu "kurzem Körperkontakt" gekommen

Eingekreist und in die Mangel genommen hätten ihn die Beamten, ist dort zu lesen. Beim Gestikulieren sei er dummerweise so nahe bei einem Polizisten gestanden, dass es einen "kurzen Körperkontakt" gegeben habe. Alles nicht schlimm, aber trotzdem hätten ihn die Beamten "auf den Boden gezwungen und festgenommen."

Nicht zuletzt diese Schilderung rief politische Freunde und Feinde des Linken gleichermaßen auf den Plan. Hunderte stritten in sozialen Netzwerken und Medien heftig; Rücktrittsforderungen gegen den erst im Frühjahr gewählten Stadt- und Kreisrat wurden laut und Neonazis sprangen auf das Thema auf, um aus dem Vorgang politisches Kapital zu schlagen.

Besonnene Stimmen rieten, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten, die gegen Erkan D. wegen des Verdachts der Körperverletzung, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung geführt werden. Sie stehen nun vor dem Ende. "Ich gehe davon aus, dass wir das Verfahren noch im Oktober abschließen werden", sagte am Montag der Leitende Ansbacher Oberstaatsanwalt Gerhard Karl.

Augenzeugen belasten Erkan D. schwer

Nach SZ-Informationen haben zahlreiche Augenzeugen Erkan D. schwer belastet. Dessen Version von willkürlicher Polizeigewalt erscheint demnach mehr als fraglich. So soll Erkan D. in jener Kirchweihnacht einen der Polizisten rüde an der Uniform gepackt haben. Einen anderen habe er tatsächlich voll ins Gesicht geschlagen. Wachleute und Polizisten habe er unablässig und wüst beschimpft, wahlweise als Abschaum, Schweine oder Nazis. Nicht selten garniert mit dem Hinweis, sie wüssten wohl nicht, wen sie vor sich hätten, immerhin einen Stadtrat.

Später, auf der Weißenburger Polizeiwache, soll er Polizisten bedroht haben: Er kenne ihre Namen und zur Not auch die ihrer Familien. Bei der vom Staatsanwalt angeordneten Blutentnahme für einen Alkoholtest soll er der damit beauftragten Ärztin gedroht haben, ihren Namen in der linken Szene zu verbreiten. Auch werde er dafür sorgen, dass Gregor Gysi ihn erfahre, der Linken-Fraktionschef im Bundestag. In seiner früheren Erklärung hatte Erkan D. noch erklärt, die Medizinerin "zu keinem Zeitpunkt" bedroht zu haben.

Keine Stellungnahme von Linken-Politiker

Aktuell wollte Erkan D. zu alledem auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Sein Verteidiger Ingo Schmitt-Reinholtz sagte, sein Mandant und er müssten die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft erst noch prüfen. Davon hänge ihr weiteres Vorgehen ab. Erkan D. droht zumindest ein saftiger Strafbefehl, schlimmstenfalls sogar eine Anklage.

Womöglich wird im Zuge all dessen auch noch geklärt, was es mit den Dellen an einem Polizeiauto auf sich hat. Bei seiner Festnahme soll der Linken-Politiker, womöglich aus Wut, mit dem Kopf gegen die Motorhaube geschlagen haben. Er dementiert das, doch auch in diesem Punkt widersprechen Zeugen seinen Angaben. Der Schaden am Polizeiauto soll dem Vernehmen nach mehr als 2000 Euro betragen.

© SZ vom 21.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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