Weißenburg:Der Ruhm Biricianas

Im Römischen Reich war Weißenburg ein wichtiger Militärstützpunkt. Seine Bedeutung und einen großartigen Schatz zeigt das neu gestaltete Museum

Von Claudia Henzler, Weißenburg

Der mittelfränkischen Stadt Weißenburg mangelt es nicht an Sehenswürdigkeiten. Sie hat schmucke alte Häuser, die von ihrem einstigen Status als freie Reichstadt zeugen und eine pittoreske Stadtmauer mit dem Ellinger Tor, das als eines der schönsten Stadttore Deutschlands gilt. Oberhalb der Stadt thront die beeindruckende Festungsanlage der Wülzburg auf einem Hügel und erinnert an die unübersichtlichen politischen Verhältnisse, die vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit herrschten - und auf der im Ersten Weltkrieg der spätere französische Staatspräsident Charles de Gaulle als Kriegsgefangener interniert war. Doch es ist Weißenburgs Vergangenheit als römischer Militärstandort Biriciana, für die sich Besucher vor allem interessieren. Und die wird nun im modernisierten Römermuseum völlig neu präsentiert.

Herzstück der Ausstellung ist der Römerschatz, den ein Weißenburger Lehrer im Jahr 1979 bei Gartenarbeiten gefunden hatte. 114 Stücke grub er damals aus, darunter fein gearbeitete Götterstatuetten, hochwertige Küchengefäße, kunstvolle Reitermasken, aber auch recht banale Gebrauchsgegenstände wie Teile von Zaumzeug. Allen gemeinsam ist der Werksstoff: Sie wurden aus Metall gefertigt. Man geht heute davon aus, dass sie von einem Plünderer zusammengetragen und vergraben wurden. In seiner Zusammensetzung und Qualität gilt der Fund, den der Freistaat 1980 ankaufte, bis heute als einzigartig. Gut zwei Jahre lang war er nicht zu sehen.

1983 hatte die Archäologische Staatssammlung in Zusammenarbeit mit der Stadt das Römermuseum Weißenburg als Zweigstelle gegründet, um den Fund zu präsentieren. Ausgesucht wurde ein denkmalgeschütztes Haus in der Altstadt, gleich gegenüber der Stadtkirche St. Andreas. Das Gebäude hat die Stadt jetzt aufwendig sanieren und mit Aufzügen ausstatten lassen. Die Bauphase war nicht frei von Überraschungen, mehr als 2,6 Millionen Euro wurden dabei investiert, mit etwa 800 000 Euro Zuschüssen unter anderem von Landkreis und Freistaat. Weitere 500 000 Euro steuerte die Archäologische Staatssammlung für die Ausstellung bei.

Neueröffnung des Römermuseums Weißenburg

Halbgott Herkules, Sohn Jupiters, wurde im antiken Rom wegen seiner Stärke verehrt - wie diese Statuette aus dem Weißenburger Römerschatz zeigt.

(Foto: Daniel Karmann / dpa)

Gleichzeitig wurde die Ausstellung neu konzipiert. Dem Römerschatz ist nun der umgebaute zweite Stock gewidmet. Besonders wertvolle Fundstücke wie die Statuetten werden dort mit einem eigenen Lichtkonzept in säulenartigen Vitrinen fast magisch inszeniert. Es handelt sich bei den Bronzefiguren um Miniaturen von Göttergestalten und Schutzgeistern aus dem römischen Kulturkreis wie Jupiter, Venus oder Herkules. Sie waren einst in Privathäusern aufgestellt, wo man ihnen in eigens dafür gestalteten Miniaturtempeln oder bemalten Nischen Opfer brachte.

Ebenso sehenswert wie der Schatzfund ist die begleitende Ausstellung im ersten Stock. Sie erzählt, welche strategische Bedeutung das Kastell Biriciana im Imperium Romanum hatte und wie das Leben dort und in der angrenzenden römischen Siedlung aussah. Eine wandhohe Karte zeigt, welche maximale Ausdehnung die römische Provinz Raetien um 160 nach Christus hatte. Augsburg war zwar das Zentrum Raetiens, doch nach dem heute baden-württembergischen Aalen war Biriciana der zweitgrößte militärische Stützpunkt der Provinz. 500 Reitersoldaten taten dort von etwa 100 nach Christus bis Mitte des dritten Jahrhunderts Dienst und verteidigten die knapp sechs Kilometer nördlich gelegene Grenzbefestigung des Limes.

Das Museum zeigt zahlreiche weitere Fundstücke aus der Region, begleitet von informativen, kompakten Texten. Dazu kann man sich bei Bedarf einen Multimedia-Guide ausleihen, der als Hördateien oder im Bildformat Hintergründe liefert. Ausstellungsstücke wie Haarnadeln, Reste von Cremetiegeln, Spielsteine oder ein kunstvoll gearbeitetes Abflusssieb zeigen: Der Alltag war selbst dort, am Rande des Reichs, von den Annehmlichkeiten der römischen Hochkultur geprägt.

Limes-Verlauf

SZ-Karte

Eines der bedeutendsten Exponate des neugestalteten Museums ist das Original des sogenannten Weißenburger Militärdiploms, datiert vom 30. Juni des Jahres 107 nach Christus. Die bronzene Urkunde bezeugt die Entlassung des Reitersoldaten Mogetissa nach 25 Dienstjahren und die Verleihung des römischen Bürgerrechts an ihn. Denn die Weißenburger Reitereinheit war eine der Auxiliartruppen des römischen Heeres, sie rekrutierte sich aus Angehörigen der Provinzialbevölkerung ohne römisches Bürgerrecht. Das Schriftstück war 1867 beim Bau des Bahnhofs entdeckt und anschließend in München verwahrt worden - im Weißenburger Museum war bisher nur eine Kopie zu sehen.

Im Erdgeschoss des Museums können sich Besucher im Limes-Informationszentrum über den Verlauf des gesamten Grenzwalls und dessen Ernennung zum Unesco-Welterbe im Jahr 2005 informieren. Idealer Ausgangspunkt für eine Tour durch die römische Vergangenheit Weißenburgs aber ist die Therme, deren antike Mauern man 1977 bei Bauarbeiten entdeckt hat. Nachdem das Landesamt für Denkmalpflege die Anlage als außergewöhnlich gut erhalten bewertete, wurde der Bau einer geplanten Reihenhaussiedlung gestoppt, stattdessen bekamen die Ruinen ein zeltartiges Schutzdach, wurden mit damals zeitgemäßen Rekonstruktionsarbeiten instand gesetzt und 1983 zum nicht-staatlichen Museum. Von der Therme führt ein Fußweg zum historischen Zentrum des Geschehens, auf das einstige Kastellareal. Der Besuch des mehr als drei Hektar großen, leicht erhöht liegenden Geländes lohnt sich, auch wenn von den Steinmauern nur wenige Reste freigelegt wurden und einige Informationstafeln arg verwittert sind. Ein Wunsch, der nach diesem Ausflug offen bleiben könnte, ist nur der nach einem zeitgemäßen Katalog, der alle drei Ausstellungsorte umfasst.

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