Die ersten Schüsse fielen am späten Freitagnachmittag, und kurz danach sah eine Passantin im Garten eines Mehrfamilienhauses in der Weilheimer Pistlgasse einen Mann liegen. Seine Verletzungen waren so schwer, dass die sofort alarmierten Rettungskräfte irgendwann aufgaben und ihre Reanimationsversuche einstellten. Der 60-Jährige war seinen Schussverletzungen erlegen - aber wie sich zwei Stunden später herausstellen sollte, war er weder der erste noch der letzte Tote bei dieser schweren Bluttat in der sonst eher beschaulichen oberbayerischen Kreisstadt, die rund 50 Kilometer südwestlich von München liegt.
Newsletter abonnieren:Mei Bayern-Newsletter
Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.
Denn während die Polizei in einer Großfahndung nach dem mutmaßlich bewaffneten Täter suchte, ging gegen 19.15 Uhr ein weiterer Hinweis eines anderen Passanten ein. An einer Bank an einem beliebten Spazierweg der Weilheimer an der Ammer lag eine weitere Leiche. Nach allem, was die Weilheimer Kriminalpolizei bisher vermutet, hatte sich der 59-jährige Mann dort selbst erschossen. Mit eben jener Waffe, die ebenfalls dort an der Ammer gefunden wurde und mit der er zuvor offenbar schon den Mann in der Pistlgasse getötet hatte.
Als die Beamten schließlich im Wohnhaus des Schützen ankamen, fanden sie dort zwei weitere Leichen. Zwei Schwestern, beide 57 Jahre alt, beide offenbar mit massiver Gewalt getötet, aber nicht erschossen. Die eine war mit dem Toten von der Ammer verheiratet, die andere mit dem Toten aus der Pistlgasse.
Der Polizei stellt den Ablauf am Freitag inzwischen so dar: Erst soll der 59-jährige mutmaßliche Täter zu Hause die beiden Frauen getötet haben. In welcher Reihenfolge ist bisher offen. Vermutlich danach hat er in der Pistlgasse, ganz in der Nähe des Stadtzentrums und keine 300 Meter von der Weilheimer Polizeiinspektion entfernt, den 60-Jährigen erschossen. Um sich am Ende, wieder knapp zwei Kilometer weiter an der Ammer, schließlich selbst das Leben zu nehmen.
Was das genaue Motiv dieser Bluttat innerhalb der Familie betrifft, hält sich die Polizei bisher bedeckt, und auch die exakte Todesursache im Fall der getöteten Zwillingsschwestern muss erst die ausstehende Obduktion ergeben, die für diesen Montag geplant ist. Die Polizei ist jedoch sicher, dass der mutmaßliche Täter nicht wahllos getötet, sondern gezielt seine Familienmitglieder umgebracht hat. Andere Menschen seien demnach nicht in unmittelbarer Gefahr gewesen.
Das Motiv des Täters sei Gegenstand der kriminalpolizeilichen Untersuchung, sagte ein Polizeisprecher. Aber selbst wenn die Polizei irgendwann etwas Handfestes dazu habe, werde die Öffentlichkeit darüber wahrscheinlich kaum mehr erfahren. "Letztlich ist es kommuniziert, dass es sich um eine Beziehungstat handelt." Da der mutmaßliche Täter tot sei und keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden habe, sei die Frage des Motivs auch eine Frage des Persönlichkeitsschutzes und werde daher wahrscheinlich nicht veröffentlicht.
Am Samstagmittag scheint in dem kleinen Ort alles wie immer zu sein. Nur an den Tatorten, an denen die drei Opfer starben, steht jeweils ein Polizeiauto. An einem Haus liegen Blumen, jemand hat eine Kerze aufgestellt.
Anmerkung der Redaktion: Wir berichten in der Regel nicht über Selbsttötungen. Grund dafür ist die hohe Nachahmerquote nach jeder Berichterstattung über Suizide. Da im vorliegenden Fall zugleich ein Tötungsdelikt vorliegt, überwiegt das öffentliche Informationsinteresse. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen von Suizidgedanken, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge ( www.telefonseelsorge.de ). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.