Brauchtum am Dreikönigstag:Fluch und Segen des Räucherns

Brauchtum am Dreikönigstag: Bei feierlichen Gottesdiensten, Prozessionen und Beerdigungen spielt das Weihrauchfass nach wie vor eine wichtige Rolle.

Bei feierlichen Gottesdiensten, Prozessionen und Beerdigungen spielt das Weihrauchfass nach wie vor eine wichtige Rolle.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Früher war es üblich, an Dreikönig zur Abwehr des Bösen Haus und Hof auszuräuchern. Doch allzu oft brannte dabei durch Funkenflug alles nieder. Heute setzt vor allem die Naturheilkunde auf die heilenden Kräfte des Weihrauchs.

Von Hans Kratzer, Altötting

Als sich die Münchner Gläubigen am Dienstagabend mit einem feierlichen Requiem vom emeritierten Papst Benedikt XVI. verabschiedeten, zogen anhaltend dicke Weihrauchschwaden durch den Liebfrauendom. Sie waren von einer derartig dichten Konsistenz, dass die Ehrengäste in der vordersten Kirchenbank, darunter Franz Herzog von Bayern und Innenminister Joachim Herrmann, phasenweise nicht mehr zu sehen waren, obwohl die Fernsehkameras ganz nah vor ihnen standen.

Traditionell spielt der Weihrauch bei kirchlichen Prozessionen und bei Beerdigungen eine dominierende Rolle, steht er doch symbolisch für Reinigung, Verehrung und Gebet, also für die Anwesenheit Gottes. Dieses Räuchern wurde einst auch in Haus und Hof intensiv gepflegt, vor allem in den Raunächten vor und nach Weihnachten, in denen der Volks- und der Aberglaube zur höchsten Blüte gelangte.

Vor gut 15 Jahren drehte das Bayerische Fernsehen mehrere Filmbeiträge über die Rottaler Einödbäuerin Emma Loibl (1926-2015). Dabei ging sie einmal mit dem Autor Paul Enghofer hinaus in den Wald und zeigte ihm dort, wie die Bauern einst den Grundstoff für das Räuchern gewannen. Dazu schabte sie wie früher das aus der Baumrinde tropfende Harz mit einem Schnacklmesser in ein Gefäß. Auf dem Holzofen wurde der Rohstoff dann gekocht, denn das Harz wurde auch als Pechsalbe verwendet. Vor allem aber wurden mit dem Harz der Nadelbäume der Stall und sämtliche Räume im Haus ausgeräuchert, was meistens am Dreikönigstag geschah. Der Brauch sollte Mensch und Vieh vor bösen Geistern und vor jeglichem Unglück schützen.

Emma Loibl besaß noch ein altes, aufklappbares Bügeleisen, in das sie die Glut aus dem Holzofen sowie das Harz hineingab. Sofort stieg in der Küche dicker Rauch auf. "Heut räuchere ich nimmer", sagte die Emma damals. "Warum soit ich im ganzen Haus a Gstange (Gestank) macha?" Und da war ja auch noch die Brandgefahr, wenn beim Räuchern im Stall ein Funke davonflog. In den alten Chroniken sind erschreckend viele Fälle dokumentiert, bei denen ganze Höfe nach dem Räuchern nach einem Funkenflug in Schutt und Asche gelegt wurden.

Obwohl der Einfluss der Religion mehr und mehr schwindet, scheint die Akzeptanz des Räucherns zurzeit wieder zu wachsen. Heute geht es allerdings weniger um die Abwehr des Bösen als um die medizinische Wirkung des Weihrauchs. Das Harz des in Afrika und in arabischen Ländern wachsenden Weihrauchbaumes steht vor allem in der Naturheilkunde wieder hoch im Kurs, es soll gegen Asthma, Neurodermitis und Rheuma helfen. Das ist insofern stimmig, als das Wort Weihrauch (wihrouh) schon im Althochdeutschen zu finden ist, wo es einen erkennbarem Bezug zu Weihehandlungen und Heilmitteln hatte. Schon die alten Ägypter sollen Wundsalben mit Weihrauchharz hergestellt haben.

Auf dem Kapellplatz in Altötting betreibt Eva Kilwing seit einigen Jahren eine Weihrauch-Manufaktur, in der sie viele verschiedene Sorten herstellt und zum Kauf anbietet. Zu ihrem Laden gehört auch ein kleines Museum, in dem das Thema Weihrauch nicht nur aus vielen Perspektiven beleuchtet wird, sondern auch auf stetig wachsendes Interesse stößt. Auch wenn die moderne Medizin - anders als die Homöopathie - den Wirkstoff Weihrauch nach wie vor zurückhaltend betrachtet. Noch sind solide wissenschaftliche Studien zur heilenden Wirksamkeit des Räucherns dünn gesät.

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