Wodka gehört hinein, Zitronensaft und natürlich Tomatensaft, Tabasco sowie Worcestershiresauce. Die Bloody Mary ist ein gewöhnungsbedürftiger, aber beliebter Drink, der Name geht aller Wahrscheinlichkeit nach zurück auf die englische Königin Mary I. aus dem Hause Tudor, deren blutige Protestantenverfolgung im 16. Jahrhundert ihr den wenig schmeichelhaften Beinamen einbrockte. Von Diskussionen, ob solch ein Drink nach einer englischen Königin benannt werden darf, ist nichts bekannt. Beim Lumumba dagegen, der nicht nur auf Skihütten, sondern im Dezember auch auf Weihnachtsmärkten beliebt ist, kochen dieses Jahr wieder die Emotionen hoch.
In Hamburg haben etliche Anbieter seit Jahren kapituliert und das Getränk umbenannt. In Frankfurt hat der Veranstalter des Weihnachtsmarkts vor Wochen die Beschicker gebeten, die Bezeichnung „Lumumba“, die wohl auf den kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba zurückgeht, von ihren Schildern zu tilgen und fortan zum Beispiel als „Kakao mit Schuss“ zu bewerben.
Und nun schreibt die Augsburger Allgemeine von einer „Rassismus-Debatte“ auf dem dortigen Christkindlesmarkt. Dabei hat sich inzwischen schon der Vorsitzende der Deutsch-Kongolesischen Gesellschaft zu Wort gemeldet, mit recht eindeutigen Worten: „Mir ist kein Kongolese begegnet, der sich über den Namen des Getränkes beschwert hat.“

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Patrice Lumumba war 1960 ein kongolesischer Politiker, der erste Premierminister des unabhängigen Kongo und gefeierter Vorkämpfer der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Schließlich wurde er, wohl mit Zutun der belgischen und US-amerikanischen Geheimdienste, erschossen. Kakao mit Schuss, so argumentieren Kritiker, sei schon allein wegen der Ermordung ein unpassender Name. Vor allem aber geht es ihnen offenbar um die Verdinglichung des Namens und eine rassistische Konnotation.

„Wir haben andere Probleme auf dieser Welt“, setzt dem unter anderem Maximilian Held entgegen, der die sogenannte Almhütte auf dem Augsburger Christkindlesmarkt betreibt. Dort gibt es nicht nur „edlen Rotwein verfeinert mit Schokoladenaromen“, sondern eben auch Lumumba, den die Almhütte als „Winterklassiker“ bewirbt. Die Diskussionen, sagt Held, kenne er seit Jahren, gemeinsam mit seinem Vater habe er sich deshalb mit der Geschichte des Heißgetränks beschäftigt. Es sei, sagt er, nicht einmal klar, ob der Name von dem kongolesischen Freiheitskämpfer stammt, da der Mix ursprünglich aus Spanien stammt. Aber selbst wenn, wo sei hier Rassismus zu erkennen? Die Almhütte will ihren Lumumba weiterhin Lumumba nennen, wohingegen andere Betreiber jetzt wohl zum Beispiel auf „Lumpi“ umsteigen.
Wolfgang Hübschle, Augsburgs Wirtschaftsreferent, distanziert sich auf Anfrage davon, dass sein Referat eine Rassismus-Debatte in der Stadt angestoßen habe. Die Lokalzeitung habe lediglich wegen der Debatten in anderen Städten angefragt. Insofern habe das Marktamt die drei betroffenen Standbetreiber auf dem Christkindlesmarkt, die Lumumba anbieten, darüber informiert, dass es über den Namen des Getränks in anderen Regionen Diskussionen gebe. „Für uns ist das Thema damit erledigt“, sagt Hübschle.
Es ist nur ein Getränk, keine belastete Karikatur
Ähnliche Diskussionen kennt Augsburg vom traditionsreichen Hotels „Maximilian’s“, das früher „Drei Mohren“ hieß und sich unter Protest vieler Einheimischer schließlich umbenannte. In Coburg diskutieren sie immer wieder über den Mohr, also den heiligen Mauritius, im Stadtwappen. Soll also nun auch der Lumumba umbenannt werden und die Bloody Mary erst recht? Dazu vielleicht noch der Earl-Grey-Tea? Letzteres sei, argumentieren Kritiker, weit hergeholt, da Mary I. und der einstige britische Premierminister Charles Grey nie Opfer von Verfolgung geworden sind. Dabei übersehen die Kritiker einen entscheidenden Unterschied zum Mohr, wenn er mit wulstigen Lippen und kindlich rundem Kopf dargestellt wird: Es geht hier nur um ein Getränk, nach Lumumba benannt, ohne herablassende und historisch belastete Karikatur eines dunkelhäutigen Menschen.
Nach der Logik der Kritiker müsste man auch Straßennamen oder Denkmäler für Patrice Lumumba umbenennen, findet Simon Mputu Ngimbi, was er für ausdrücklich falsch hielte. „Die Tatsache, dass das Getränk nach Lumumba benannt ist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass dieser Name verdinglicht wird oder gar eine negative Konnotation bekommt“, zitiert die Rheinische Post den Vorsitzenden der Deutsch-Kongolesischen Gesellschaft. Die Diskussion sei eine Chance, dass sich Menschen mit dem großen Namen Lumumbas auseinandersetzen. Man müsse sich aber vor Geistern in Acht nehmen, die bewusst oder unbewusst die Spuren der Vergangenheit Afrikas verwischen wollten.