Weihnachtsbeleuchtung:Das Ende der Dunkelheit

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Wer keinen Garten hat, kann mit LEDs und Lichterketten auch seinen Balkon leuchten lassen oder die Fenster. (Foto: Uli Deck/dpa-tmn)

Einst war der Advent die finsterste und geheimnisvollste Zeit des Jahres. Jetzt sind Häuser und Gärten beleuchtet wie noch nie zuvor. Das ist auch ein Indiz für eine nachlassende Bindung an christliche Traditionen.

Von Hans Kratzer

Noch nie war so viel Blinkeblinke wie in diesem Jahr. Nimmt man die Illumination in den Hausgärten zum Maßstab, dann hat die Weihnachtszeit bereits am Tag nach Allerseelen (2. November) begonnen. Die Lichter- und Beleuchtungsindustrie schickt sich an, die Menschheit gänzlich von der Dunkelheit zu befreien. Allerdings geht diese Erleuchtung mit einem Kitsch einher, der beim Betrachten rasch zu Schwindel und Kopfweh führt.

Zu den Invasoren in den Vorgärten zählen Rentiere mit Schlitten in Weiß, beleuchtet von LED-Lämpchen. Auf Wunsch auch mit rotem Schal. Auch die Zahl der warmes LED-Licht spendenden Plastik-Schneemänner nimmt dramatisch zu. Wuchtig vermehren sich zudem die illuminierten Weihnachtsmänner, denen Lichterketten-Leitern den Weg zum Balkon weisen. Aufmerksam verfolgt wird das Treiben von Elchen und Hirschen mit Laternen sowie von Pinguinen mit rotierenden LED-Lichtern.

Als neuer Advents-Hype gelten Wichtel, ein Relikt aus der alten DDR. Es ist nicht so, dass es im bayerischen Brauchtum derlei Sagenfiguren nicht gegeben hätte. Der Volkskundler Gunther Hirschfelder erkennt in der aktuellen Wichtelmania allerdings ein Indiz für eine nachlassende Bindung an christliche Traditionen. Die Menschen lieben zwar Weihnachten, aber sie wählen statt des Christkindls lieber säkulare Wunschbilder.

Lange Zeit herrschte im Advent tiefe Dunkelheit. Die Rockband Schariwari widmete dieser Tradition ein Bühnenspektakel mit dem Titel „Die Rauhnacht“. Anstelle des glitzernden Kommerzes tummeln sich dort winterliche Dämonen, deretwegen es die Vorfahren für ratsam hielten, sich hinter dem Ofen zu verkriechen. 

Wer in einer Dezembernacht unerschrocken durch hiesige Wälder spaziert, wird auf einsamen Straßen alsbald modernen Geistern auf vier Rädern begegnen, die auf abgelegene Einöden zusteuern. Einst machten sich vermummte Klopfergeher auf zu jenen Höfen, um dort milde Gaben zu erbetteln. Heute treten an ihre Stelle die Lieferwagen der Online-Händler, die noch spätabends ihre Päckchen abliefern, in denen häufig LED-Rentiere schlummern.

Der Advent ist blinkeblinke geworden. Zu den wenigen, die sich damit nicht abfinden wollten, zählt die Omama in der famosen österreichischen Filmkomödie „Single Bells“. Frustriert ruft sie ihrer modernisierungswütigen Familie an Weihnachten zu: „Ihr habts ja olle an Klopfer.“ 

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