Weihnachten:Aus dem Spessart ins Wohnzimmer

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Uwe Klug (r.) stutzt Bäume in seiner Christbaumplantage. (Foto: Hildenbrand/dpa)

Im Christbaumdorf Mittelsinn wachsen 150 000 Nadelbäume

Von Christiane Gläser/dpa, Mittelsinn

Gemächlich fährt Uwe Klug mit seinem Geländewagen über den Kies. Links und rechts stehen Tannen und Fichten soweit das Auge reicht. Klug baut Weihnachtsbäume im Spessart an. Das ganze Jahr über stehen die Nadelbäume für den 45-Jährigen und seine Familie im Mittelpunkt. Die Klugs sind der Christbaumproduzent im unterfränkischen Sinngrund mit der größten Anbaufläche. Und der Initiative vor allem von Uwe Klug ist es zu verdanken, dass der 850-Einwohner-Ort als erstes Christbaumdorf Deutschlands gilt.

In Mittelsinn haben die Weihnachtsbäume Tradition. In dem Spessartdorf gibt es 30 Christbaumproduzenten. Im Vorgarten, auf einem Feldstück oder auf riesigen Plantagen - überall in und um Mittelsinn finden sich Weihnachtsbäume. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gehört der Ort zu den größten Christbaum-Standorten Deutschlands. Die Produktion ist ein bedeutender Wirtschaftszweig im Sinngrund. Die Böden sind karg, Sand und Steine haben den Bauern im Ort schon immer die Landwirtschaft erschwert.

In den vergangenen Jahrzehnten aber wurde die Landwirtschaft immer unrentabler. Die Familie von Uwe Klug war die erste, die deshalb den Christbaumverkauf groß aufzog. Mittlerweile kommen jährlich 150 000 Weihnachtsbäume aus Mittelsinn. Im Sinngrund wachsen sie auf einer Fläche von 400 Hektar - soviel wie 550 Fußballfelder. 250 Hektar davon gehören zu den Produzenten aus dem Christbaumdorf Mittelsinn, etwa 100 zum Familienbetrieb von Uwe Klug. Bundesweit verkaufen deutsche Weihnachtsbaumproduzenten jährlich etwa 25 Millionen Bäume.

Zehn Jahre braucht eine Tanne, bis sie die richtige Größe erreicht hat. Pro Jahr wächst ein solcher Baum 20 Zentimeter. Die Verbraucher wollen Tannen, die zwischen 1,50 Meter und 2,00 Meter hoch und perfekt gewachsen sind. Außerdem müssen die Bäume jedes Jahr einen Formschnitt bekommen. "Das ist alles Handarbeit", sagt Klug und knipst mit einer Gartenschere Zweige ab. Formschnitt, Düngen, zwischen den Fichten und Tannen Mähen, neue Jungpflanzen setzen - das gesamte Jahr über müssen die Bäumchen betreut werden.

In dem abgelegenen Spessartdorf im Sinngrund wurde am Samstag die bundesweite Weihnachtsbaumsaison eröffnet. Dafür kamen unter anderem Justizminister Winfried Bausback (CSU) und die deutsche Weihnachtsbaumkönigin nach Mittelsinn. Als erstes offizielles Christbaumdorf Deutschlands hat der Ort 2016 von sich reden gemacht. An zwei Wochenenden im Advent öffneten viele Mittelsinner ihre Höfe, schmückten das Dorf weihnachtlich, verkauften Kunst, Weihnachtsbäume, Glühwein und einheimische Produkte, buken Brot und brauten Bier. Die Menschen kamen in Scharen in den kleinen Ort. Heuer ist die je zweitägige Veranstaltung für den zweiten und dritten Advent geplant.

Bürgermeister Peter Paul baut selbst keine Weihnachtsbäume an. Er verkauft und repariert Autos. Seit 2008 ist er Rathauschef im Sinngrund. "Durch das Christbaumdorf hat das Thema neue Fahrt aufgenommen und Mitstreiter gefunden. Besser könnte es für die Gemeinde gar nicht sein", sagt Paul. Außerdem sei der Ort seitdem überregional im Gespräch. "Ob das auch wirtschaftlich etwas bringt, kann man noch nicht sagen. Dafür ist die Aktion noch zu jung."

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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