Weiden in der Oberpfalz:Tödlicher Cocktail

Weiden in der Oberpfalz: In diesem Lokal in der Weidener Innenstadt wurden mehrere Menschen durch Champagner vergiftet. Wie genau das geschehen konnte, das ermittelt noch die Polizei.

In diesem Lokal in der Weidener Innenstadt wurden mehrere Menschen durch Champagner vergiftet. Wie genau das geschehen konnte, das ermittelt noch die Polizei.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Ein mit Ecstasy vergifteter Champagner soll zum Tod eines Mannes in einem Restaurant in der Weidener Innenstadt geführt haben. Wie die Droge in die Flasche kam, ist bislang ungeklärt.

Von Deniz Aykanat, Weiden

Die "gute Stube" nennt Oberbürgermeister Jens Meyer (SPD) die Altstadt von Weiden in der Oberpfalz. Dort, mitten in der Fußgängerzone, in der sich ein hübsches denkmalgeschütztes Haus an das andere reiht, befindet sich das Lokal, in dem sich mehrere Gäste am späten Samstagabend eine Flasche Champagner teilen. Kurz darauf brechen sie zusammen, ein Mann aus der Gruppe stirbt wenig später in der Nacht zu Sonntag im Krankenhaus.

Ecstasy soll zum Tod des 52-jährigen Mannes aus dem Landkreis Schwandorf geführt haben. Eine erste toxikologische Untersuchung der Champagner-Flasche ergab: "Es waren Dinge drin, die in einem Champagner eigentlich nicht vorkommen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt in Weiden, Gerd Schäfer. In der Flasche befand sich die Droge Ecstasy, laut Staatsanwaltschaft "in erheblicher Konzentration". "Es hatte eine toxische, eine Giftwirkung", sagte Schäfer. Medienberichten zufolge soll die mehrere Liter fassende Champagnerflasche originalverpackt gewesen und erst am Tisch geöffnet worden sein. Demnach deutete offenbar nichts darauf hin, dass die Flasche vorher manipuliert worden sei. Der Weidener Lokalzeitung Der neue Tag zufolge brachte die Chefin des Lokals selbst die Flasche an den Tisch. Die Betroffenen waren wohl Stammgäste. Die Wirtin soll außerdem selbst von dem Champagner getrunken haben. Auch sie musste ins Krankenhaus.

Noch ist nicht klar, wie die Droge in die Champagner-Flasche gelangt ist. Derzeit schließen die Ermittler einen gezielten Anschlag aus. Der Staatsanwaltschaft zufolge besteht aber der Verdacht der fahrlässigen Tötung. Ermittelt werde in alle Richtungen. "Es gibt Verdachtsmomente." Weitere Details zu Verdächtigen gab es aber noch nicht.

Der Fokus der Ermittler liegt auf der Herkunft der Champagnerflasche. "Der Vertriebsweg wird genau ausgeleuchtet", sagte Schäfer. Es werde geprüft, ob beziehungsweise wo oder von wem die Flasche manipuliert wurde. Es wäre durchaus möglich, eine Flasche zu öffnen, die Drogen einzufüllen und die Flasche wieder so zu verschließen, dass es nicht auffällt. Der Hersteller sei bislang noch nicht kontaktiert worden, sagte Schäfer. Die Gäste in dem Restaurant sollen sofort den Geschmack des Champagners beanstandet haben. "Der war wohl auffällig, um nicht zu sagen: scheußlich", sagte Schäfer. Das in der Flasche enthaltene Ecstasy sei hochkonzentriert gewesen. Schon eine geringe Menge habe ausgereicht, um körperliche Reaktionen hervorzurufen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gehen die Ermittler derzeit nicht davon aus, dass einer der Gäste die Droge in die Flasche schüttete.

Auch eine Obduktion des gestorbenen, 52 Jahre alten Mannes wurde angeordnet und in der Rechtsmedizin in Erlangen durchgeführt. Die Ermittler gehen von einer Drogenvergiftung als Todesursache aus.

In der 42 000-Einwohner-Stadt Weiden sind die "Betroffenheit und Bestürzung groß", sagte Oberbürgermeister Meyer der SZ. "Uns fehlen noch immer die Worte über die tragischen Vorkommnisse. Ereignisse, von denen wir uns nicht vorstellen konnten, dass sie in Weiden passieren. Unsere Gedanken sind vor allem bei denjenigen, die um ihre Wiedergenesung kämpfen und die um ihren geliebten Menschen trauern."

Zunächst waren in verschiedenen Medien Gerüchte kursiert, die Restaurantgäste hätten sich mit Blausäure vergiftet. Am Regensburger Universitätsklinikum gab es der Polizei zufolge im Zusammenhang mit dem Geschehen in Weiden einen Feuerwehreinsatz gegeben. Dort wurden offenbar einer oder mehrere Betroffene aus Weiden eingeliefert, bei denen der Verdacht bestand, dass sie "mit einem Gefahrstoff in Kontakt gekommen" waren, heißt es von der Regensburger Feuerwehr. Die Notaufnahme musste kurzzeitig gesperrt werden, Feuerwehr und Personal leiteten eine Dekontamination ein. Kurze Zeit später gab es aber Laborergebnisse und eine Entwarnung: keine Blausäure.

Klar ist bislang, dass sich mehrere Gäste im Alter zwischen 33 und 52 Jahren in dem beliebten Weidener Restaurant eine Flasche Champagner bestellt und diese anschließend geteilt hatten. Bald darauf machten sich bei allen - fünf Männer und drei Frauen - Vergiftungserscheinungen bemerkbar. Als Polizei und Rettungskräfte am Tatort eintrafen, lagen sie am Boden, einige von ihnen hatten Krampfanfälle. Die acht Betroffenen kamen in verschiedene Krankenhäuser, für den 52-Jährigen aus dem Landkreis Schwandorf kam aber jede Hilfe zu spät. Ein Opfer konnte laut Polizei mittlerweile die Klinik wieder verlassen, die anderen schweben laut Polizei zumindest nicht mehr in Lebensgefahr.

Eine Sonderkommission der Kriminalpolizei Weiden namens "Markt" hat die Ermittlungen übernommen. Einige der betroffenen Restaurantgäste konnten am Montag bereits befragt werden, weitere Zeugen sollen folgen.

Auf Bildern der Lokalzeitung ist zu sehen, wie Drogenspürhunde der Polizei in das Restaurant geführt werden. Von Weiden ist es nicht weit zur Grenze zu Tschechien. Besondere Probleme mit Ecstasy gab es in der Stadt laut Oberbürgermeister Meyer aber bisher nicht.

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