Web-Seite Kreuz.net:Lichtscheu und anonym

Reaktionärer Katholizismus: Unter dem Bildnis des gekreuzigten Jesus veröffentlicht die Website kreuz.net anonyme Hetzartikel - fundamentalistisch, aggressiv und beleidigend.

Hans Kratzer

Als der Holocaustleugner Richard Williamson Anfang 2009 Schlagzeilen machte, da tat sich der Internetdienst kreuz.net negativ hervor, indem er Williamson als "Märtyrerbischof" und als "Heldenbischof" verherrlichte. Die Web-Seite trägt zwar den Untertitel "Katholische Nachrichten", wäre aber selbst mit der Zuspitzung "erzkonservativ" noch freundlich beschrieben. In Wahrheit ist der Ton, den kreuz.net anschlägt, häufig fundamentalistisch, aggressiv und beleidigend.

kreuz.net

Unter dem Bildnis des gekreuzigten Jesus veröffentlicht die Website

kreuz.net

anonyme Hetzartikel.

(Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Auch im Fall des zurückgetretenen Augsburger Bischofs Walter Mixa greifen die Autoren von kreuz.net mit Geifer all jene an, die nicht in ihr Horn stoßen. Am Montag war dort beispielsweise die Behauptung zu lesen: "Die Meldung, wonach Bischof Walter Mixa unter 'Mißbrauchsverdacht' stehe, war ein Bluff der Diözese Augsburg und der deutschen Bischofskonferenz, um seinen Fall zu beschleunigen." Ein anderes Beispiel für die Weltsicht von kreuz.net: "Den Schaden, den die Diözese Augsburg mit ihrer niederträchtigen Strafanzeige gemacht hat, werden alle Freisprüche der Welt nicht wieder gutmachen können."

Es passt gut ins Bild, dass die Hetzseite am Samstag ein mögliches Opfer von Mixa mit Fotos und vollem Namen an den Pranger stellte. Der Mann ließ postwendend alle Behauptungen über sich zurückweisen, was laut kreuz.net wiederum "das ganze Ausmaß der innerkirchlichen Verleumdungen" zeigt: "Der Kronzeuge der bischöflich und diözesan inszenierten Mißbrauchs-Verleumdungskampagne gegen Mons. Mixa wusste von der Sache nicht einmal etwas." Mixa wird im Übrigen auf kreuz.net fast ausschließlich als "Fluchtbischof" bezeichnet.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich deutlich von dem Portal distanziert: "Was kreuz.net veröffentlicht, ist schlimm und entbehrt jeder Grundlage."

Dementsprechend geben sich die Betreiber der Seite lichtscheu und anonym. Laut Impressum ist kreuz.net eine "Initiative einer privaten Gruppe von Katholiken in Europa und Übersee, die hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig sind". Bekannt ist nur, dass der Server von Kalifornien aus betrieben wird. Von dort aus können Verleumdungen anonym und straffrei veröffentlicht werden. Der Theologe David Berger vermutete während der Williamson-Debatte, dass der Umkreis der Pius-Bruderschaft dahinterstecken könnte, was diese aber zurückwies.

Im Impressum wird der Name "Sodalitium for Religion and Information" genannt, der an die von Papst Pius X. geduldete Priestervereinigung "Sodalitium Pianum" erinnert. Organisiert als Spitzelsystem, kämpfte diese von 1909 an gegen modernistische Abweichler und denunzierte Theologen und Priester, die des Modernismus verdächtig waren, bei der römischen Kurie. Umberto Benigni, der Sodalitium gegründet hatte, organisierte anschließend den Geheimdienst des Faschistenführers Mussolini.

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