Die Bluttat hat Anfang April nicht nur die Menschen im oberbayerischen Wasserburg und die Mitarbeiter des dortigen Inn-Salzach-Klinikums erschüttert: Ein Oberarzt aus der forensischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses wird auf dem abendlichen Heimweg noch am Klinikgelände niedergestochen und tödlich verletzt. Kurz danach nimmt die Polizei in der Nähe einen blutverschmierten Mann fest und findet auch das Messer, mit dem dieser den Arzt umgebracht haben soll. An diesem Montag hat am Landgericht Traunstein der Prozess gegen den 41-Jährigen begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor, geht aber zugleich davon aus, dass der psychisch kranke und drogenabhängige Mann im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat.
Schon nach seiner Festnahme war der Mann nicht in ein Gefängnis, sondern in eine andere psychiatrische Klinik gebracht worden. In Wasserburg soll er von 2010 bis 2013 im Maßregelvollzug eingesessen sein, woher er auch den Arzt gekannt haben soll. Warum er elf Jahre später aus Schleswig-Holstein zurück nach Wasserburg gekommen sein könnte, um sein Opfer wochenlang auszuspähen und dann am Parkplatz von hinten niederzustechen, muss die weitere Verhandlung zeigen. Der Angeklagte sagte dazu vorerst nichts und verlas nur eine wirre Erklärung über Psychiatrien und Vergiftungen.
Weil einer der Schöffen ebenfalls am Inn-Salzach-Klinikum arbeitet, musste die Kammer kurzfristig einen Ersatzschöffen hinzuziehen. Dass der getötete Oberarzt in vielen Verfahren in Traunstein als psychiatrischer Sachverständiger tätig gewesen ist, begründet laut einer Sprecherin dagegen keine Befangenheit des Gerichts. Im Prozess wird es auch darum gehen, welche Gefahr vom Angeklagten ausgehen könnte. Dies wäre entscheidend für eine längerfristige Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie.
In einer früheren Version dieses Textes war das Alter des Angeklagten mit 40 Jahren angegeben. Dies traf zum Zeitpunkt der Tat im April zu. Inzwischen ist er 41 Jahre alt.