Wallenfels:"Trauer um die Kinder, die nicht leben durften"

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Die Spurensicherung ist noch in dem Haus in Wallenfels, in dem sieben Babyleichen gefunden worden sind. (Foto: dpa)
  • Die Polizei hat in Oberfranken die sterblichen Überreste von Säuglingen gefunden.
  • Derzeit gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um sieben tote Babys handelt.
  • Die Polizei sucht nach der mutmaßlichen Mutter.
  • Eine Obduktion soll weitere Fakten liefern.

Von Katja Auer, Wallenfels

Es ist ein unscheinbares Haus, ein einfaches Haus mitten im oberfränkischen Wallenfels. Im Fenster klebt ein selbstgebastelter Schmetterling. Ein Nikolaus aus Papier ist zu sehen. Doch die Idylle trügt. In dem Anwesen hat die Polizei am Donnerstag nach einem Notarzteinsatz die sterblichen Überreste von Säuglingen gefunden. Die Leichen wurden noch in den Abendstunden abtransportiert. Am Freitag ist die Spurensicherung immer noch im Haus.

In Tücher und Tüten gehüllt

Inzwischen haben Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, dass es sich nach derzeitigen Erkenntnissen um sieben Babyleichen handelt. Sie seien in einem Zimmer des Hauses gefunden worden - in Tüten und Tücher gewickelt, so eine Sprecherin der Polizei. Die Kripo Coburg hat zusammen mit weiteren Unterstützungskräften eine Ermittlungsgruppe "Schlossberg" gebildet.

Sehr viel mehr ist jedoch nicht bekannt. Die Ermittler können weder zum Zeitpunkt des Todes noch zu den Todesursachen etwas sagen, so Oberstaatsanwalt Martin Dippold. Es sei auch nicht klar, ob die Säuglinge überhaupt gelebt hätten.

Eine Obduktion in der Rechtsmedizin Erlangen soll weitere Fakten liefern. Bis es erste Erkenntnisse gibt, werde es jedoch voraussichtlich bis Anfang kommender Woche dauern.

Derzeit sucht die Polizei nach einer 45-jährigen Frau, der mutmaßlichen Mutter der toten Babys. Sie soll erst vor wenigen Wochen aus dem Haus der Familie ausgezogen sein.

Dem Bürgermeister ist das Entsetzen anzusehen

Über die Familie werden die ersten Details bekannt: Das Paar lebt mit mehreren Kindern und der Oma in dem Einfamilienhaus. Die Familie stammt aus Wallenfels, sei gut in die Ortsgemeinschaft integriert, heißt es. "Lauter nette Leute", sagt eine Nachbarin und erzählt, dass sich die Mutter immer gut um ihre Kinder gekümmert habe.

Auch Bürgermeister Jens Korn ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Er ist zu dem Haus gekommen und spricht von der "großen Fassungslosigkeit", die im gesamten Ort herrsche. Von der "Trauer um die Kinder, die nicht leben durften".

Er erzählt von der lebendigen Gemeinschaft in dem Ort mit etwa 3000 Einwohnern und davon, dass sich die Bürger hier stets gegenseitig helfen. Und so treibt die Menschen von Wallenfels neben der Frage nach dem Warum auch um, ob sie der Familie hätten helfen können?

Immer wieder Funde von Babyleichen

In den vergangenen Jahren sorgten Funde von Babyleichen in Deutschland immer wieder für Aufsehen. Im Mai stand eine Frau in Siegen (Nordrhein-Westfalen) vor Gericht, sie war die Mutter zweier toter Säuglinge, die in Kühltruhen entdeckt worden waren. Sie wurde zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

In Bad Alexandersbad in Oberfranken wurden im Oktober 2013 zufällig bei Bauarbeiten zwei Babyleichen gefunden, die Mutter soll sie in den 1980er Jahren geboren, aber nicht versorgt haben. Das Landgericht Hof sprach sie vor fast genau einem Jahr frei: Mord sei ihr nicht mehr nachzuweisen - und Totschlag sei bereits verjährt.

Erst am Mittwoch hatte ein Mann einen ähnlich schrecklichen Fund im Raum Landshut gemacht. Im Kofferraum des Autos seiner Tochter entdeckte er nach Angaben der Polizei eine Babyleiche in einem Plastiksack. Die Ermittler gehen davon aus, dass die 22-Jährige ihre Schwangerschaft verheimlicht und den Säugling nach der Geburt getötet hat.

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