Hans Memling

Das unglückseligste Los in der Walhalla dürfte der Maler Hans Memling gezogen haben. Und das nicht, weil sein Geburtsort Seligenstadt am Main heute nur wenige Meter vom gelobten Land des Ministerpräsidenten entfernt liegt, Franken. Es ist vielmehr so: Wenn man die Ehre hat, an der Donau verewigt zu sein, so wär’s natürlich schon schön, dies auch unter korrektem Namen zu sein. Auf seiner Büste jedoch steht, sollten einen nicht alle Sinne täuschen: Hemling. Tatsächlich wurde sein Name lang so gelesen, inzwischen indes herrscht Einigkeit, dass dieser führende Maler seiner Wahlheimat Brügge, wo er im 15. Jahrhundert Patriziat und Klerus mit begehrter Porträt-Ware versorgte, dass dieser als „weltzugewandt“ beschriebene Geist so schlicht nicht hieß. Sondern Memling. Nun, gilt einer als weltzugewandt, so ist er selten ausnehmend ehrpusselig. Das dürfte helfen.
Erwin von Steinbach

Das Straßburger Münster zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten der europäischen Architekturgeschichte. Von dem Baumeister Erwin von Steinbach, unter dessen Regie ab 1277 die hochgotische Westfassade des Münsters errichtet wurde, weiß man nicht einmal das genaue Geburtsdatum. Bekannt ist nur, dass er um 1244 in Steinbach geboren wurde, das heute ein Stadtteil von Baden-Baden ist. Steinbach hat mit seinem in die Höhe strebenden Baustil alle möglichen Kirchenbauten in Schwaben, am Mittelrhein und bis nach Regensburg beeinflusst. Als Grund, warum seine Büste in der Walhalla steht, vermeldet der amtliche Führer der Schlösserverwaltung, dass Goethe den Baumeister in seinem im 19. Jahrhundert weitverbreiteten Aufsatz „Von deutscher Baukunst“ als Prototyp des schöpferischen Künstlergenies gerühmt hat. Gestorben ist Steinbach am 17.1.1318 in Straßburg.
Aegidius Tschudi

Schiller-Kennern ist Aegidius Tschudi ein Begriff. Schließlich diente das „Chronicon Helveticum“, das der Schweizer Gelehrte und Staatsmann in den Jahren 1534 bis 1536 verfasst hat, dem mit Goethe wohl bedeutendsten deutschsprachigen Dichter als Grundlage für seinen „Wilhelm Tell“. Den anderen, vor allem den Nicht-Schweizern, fällt Aegidius Tschudi wegen seines eigenwillig klingenden Namens auf. Das Chronicon Helveticum gilt als die erste umfassende Landesgeschichte der Eidgenossenschaft, im amtlichen Führer zur Walhalla heißt es, dass es bis ins 19. Jahrhundert maßgeblich gewesen sei. 1538 legte Tschudi, der 1505 bis 1572 in Glarus lebte, auch die erste exakte Karte der damaligen Schweiz vor. Außerdem war er ein entschiedener Vertreter der Gegenreformation, er trat sogar für eine militärische Rekatholisierung der Protestanten im Kanton Glarus ein.
Hans Karl Friedrich Anton von Diebitsch-Sabalkanskij

Würde heutzutage eine Neuauswahl der wichtigsten Walhalla-Köpfe anstehen – man würde Hans Karl Friedrich Anton von Diebitsch-Sabalkanskij keinen Tort antun mit der These, dass ihm Wettanbieter eher überschaubare Aussichten auf den Wiedereinzug in den Ruhmestempel attestieren würden. Jedenfalls, wenn darüber im Fernsehen abgestimmt würde. Ein Feldmarschall der russischen Armee? Schwieriger Zeitpunkt gerade. Zumal der Ehrenname Sabalkanskij – „Überschreiter des Balkans“ – allein schon erklärungsbedürftig wäre. Seinen Walhalla-Platz soll sich der Adelsmann, so die offizielle Erklärung, aufgrund „militärischer Taten im Kampf Russlands gegen die napoleonische Armee“ gesichert haben. Wobei Diebitsch zumindest als Militär in guter Gesellschaft ist: Seine Büsten-Nachbarn Maarten Tromp, Michiel de Ruyter, Burkhard Graf von Münnich entstammen allesamt dieser Zunft.
Julius Echter von Mespelbrunn

Der ärgste Streit würde bei einer heutigen Abstimmung wohl um die Büste des Julius Echter von Mespelbrunn entbrennen. Ja doch, das ist der Mann, der 1545 in einem Spessart-Anwesen geboren wurde, das seit den Fünfzigerjahren als „Liselotte-Pulver-Märchenschloss“ bekannt ist – eines exquisiten Herzschmerzfilmes wegen. Darüber könnte man sich gewiss noch verständigen. Über den Rest eher nicht. Verkörpert dieser Fürstbischof wie kaum ein anderer die historische Erhabenheit Würzburgs, die Festung, das Julius-Spital, die Universität? Oder steht er für etwas, das der amtliche Führer so ausdrückt: „Gleichfalls erlebte die kirchliche Hexenverfolgung unter seiner Herrschaft im Würzburger Bistum einen traurigen Höhepunkt – Geschehnisse, die das heutige Bild des Reformers und Staatsmannes bleibend verdunkeln“. Schwierig, ganz schwierig.

