Waldwirtschaft in Bayern:Wenn die Fichte fällt

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Fichten sind die häufigste Baumart in bayerischen Wäldern. (Foto: Getty Images)

Die Fichte liefert den Bayerischen Staatsforsten die Grundlage für stolze Bilanzen. Doch der Umbau in klimaresistente Mischwälder verhagelt zunehmend das Geschäft. Förster befürchten nun einen Stellenabbau.

Von Christian Sebald, München

Die fetten Jahre sind vorbei: Dieses Jahr werden die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) noch einmal ein Rekordergebnis von 76 Millionen Euro präsentieren. Von 2015 an ist Schluss mit den immer neuen Superlativen. Vorstand und Aufsichtsrat rechnen damit, dass die Gewinne von nun an sinken. Für 2015 und 2016 listet die Unternehmensplanung nur noch 64 Millionen Euro Jahresüberschuss auf. Das ist ein Minus von fast 16 Prozent. In den Jahren danach gehen die Gewinne wohl noch weiter zurück. Der Grund: Die Staatsforsten müssen den Einschlag von Fichtenholz reduzieren. Die Fichte ist aber traditionell der "Brotbaum der Forstwirtschaft", mit der Fichte verdienen Förster und Waldbesitzer das meiste Geld.

Für Staatsforsten-Chef Rudolf Freidhager kommt die Entwicklung wenig überraschend. "Seit Jahren bauen wir unsere reinen Fichtenwälder in artenreiche und gegenüber dem Klimawandel resistente Mischwälder mit Buchen und anderen Laubbaum-Arten um", sagt der 57-jährige Manager. "Von Anfang an war klar, dass wir ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr so viele Fichten einschlagen können wie früher, auch wenn sie noch so gefragt sind auf dem Holzmarkt." Freidhager führt seit neun Jahren das Staatsunternehmen, das 755 000 Hektar Staatswald bewirtschaftet und sich rühmt, Europas größter Forstbetrieb zu sein. Auch Forstminister Helmut Brunner (CSU), kraft Amtes Chef des BaySF-Aufsichtsrates, nennt den Waldumbau als Grund für den Gewinnrückgang. "Wir haben nicht mehr so viel Fichten in den Wäldern wie früher", sagt er. "Das schlägt natürlich auf die Bilanz durch."

Fichte ist der häufigste Waldbaum in Bayern

Der Ruf der Fichte als Brotbaum der Forstwirtschaft kommt nicht von ungefähr. Keine andere Baumart gedeiht so unproblematisch, wächst so schnell, ist so universell verwendbar - in der Bauindustrie genauso wie der Schreinerei, bei der Zellstoffherstellung, als Brennholz. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts pflanzten Forstleute massenhaft Fichten. Und zwar nicht nur in kühlen Hochlagen, wo sie seit jeher gedeihen, sondern auch in niedrigen Gebieten, die die Heimat von Buchen und anderen Laubbäumen sind. Damals waren die Wälder ausgeplündert oder abgeholzt. Mit der Fichte waren sie rasch aufgeforstet. Heute ist die Fichte mit 44 Prozent Anteil der mit Abstand häufigste Waldbaum in Bayern.

Schlagkräftig: Zum Waldumbau-Programm der Staatsregierung gehört, dass Fichten für andere Baumarten, vor allem für Laubbäume, weichen müssen. (Foto: Robert Haas)

Dabei hat die Fichte auch problematische Seiten. Sie ist höchst anfällig für Windwürfe bei Stürmen und Schädlinge wie den Borkenkäfer. 1921 zerstörte ein schwerer Sturm im Roggenburger Forst nahe Ulm Zigtausende Fichten. Danach stellten Forstleute dort ein Denkmal auf mit dem Spruch: "Willst du den Wald bestimmt vernichten, so pflanze nichts als reine Fichten." In den Jahrzehnten seither hat sich die Anfälligkeit der Fichtenwälder massiv verstärkt. Grund ist der Klimawandel, er spielt der Fichte besonders übel mit.

Freistaat und BaySF reagierten darauf mit ihrem Waldumbau-Programm. Das heißt: Der Anteil der Fichten in den Staatswäldern wird Schritt für Schritt nach unten gefahren, in 20 Jahren soll er nur noch ein gutes Drittel betragen. Im Gegenzug soll der Anteil vor allem der Buchen erhöht werden. Sie widerstehen dem Klimawandel weitaus besser. Das Dumme ist nur: Was den Wald robust macht, ist schlecht fürs Geschäft. Die Nachfrage nach Fichten ist seit Jahren immens und wird das auch bleiben. Mit der Buche ist kaum Geld zu verdienen. 2013 machten die BaySF zwei Drittel des Holzgeschäfts mit der Fichte, nur 15 Prozent entfielen auf die Buche.

Das Holzgeschäft ist das Kerngeschäft

Dabei hat der Staatsbetrieb das Fichtengeschäft bereits reduziert. In den Jahren nach seiner Gründung 2005 verkaufte er jeweils 3,5 Millionen Festmeter Fichtenholz, 2013 waren es noch 3,16 Millionen Festmeter und dieses Jahr werden es laut Freidhager "nur drei Millionen sein". Das ist nicht das Ende der Abwärtsentwicklung. "Der Einschlag wird sich weiter reduzieren", sagt Freidhager. "Wir sind ja auch mit dem Waldumbau noch nicht am Ziel."

In der Belegschaft geht derweil die Furcht vor einem Stellenabbau um. Die BaySF beschäftigen aktuell 2700 Mitarbeiter. Vor neun Jahren waren es gut 3000. "Das Holzgeschäft ist unser Kerngeschäft", sagt ein Insider. "Die oberste Aufgabe für die Förster ist das Holzmachen." Wenn das jetzt zurückgefahren wird und die Förster weniger Arbeit haben, so die Befürchtung, könnten zusätzliche Stellenstreichungen die Folge sein.

Die Förster erinnern sich gut an das hitzige Gefecht über die Zahl ihrer Reviere und damit ihrer Planstellen im Jahr 2006. Der Vorstand um Freidhager wollte sie erst von 558 auf 340 und später auf 250 zusammenstreichen. Nach wochenlangem offenen Streit stoppte der Aufsichtsrat die Pläne und legte fest, dass die Zahl von 370 Forstrevieren nicht unterschritten werden darf. Zwar bekennt sich Minister Brunner stets zu diesem Beschluss. Auch Freidhager sprach nie wieder über seine Pläne. Insider sind skeptisch. Sie sagen: "Wer will schon die Garantie dafür übernehmen, dass sie nicht doch wieder auf den Tisch kommen, wenn von nun an unsere Gewinne laufend schmäler werden."

© SZ vom 02.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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